Das fragen Dyria Alloussi und Dinand Drankier in ihrem Text, den sie im Rahmen von United Europes Young Professionals Advisor Group verfasst haben. Er dient als Vorbereitung unseres kommenden Young Professionals Seminars zum Thema „Die EU und die Westbalkanregion – Der Stand der Dinge“, das am 12. und 13. März in Zagreb stattfindet. Zudem schlägt auch er, wie bereits der Artikel von Elif Dilmen, eine Brücke zum Thema „Klimawandel und Technologiewende“, das wir in unserem letzten YPS in Paris behandelt haben und zu dem wir im Mai einen CEO-Roundtable veranstalten.

Mit dem Green Deal will die EU bis 2050 klimaneutral sein. Damit das klappt, möchte sie durch einen Mix aus strategischen und außenpolitischen Instrumenten andere Länder überzeugen, dem Beispiel zu folgen. Der Westbalkan, der an die EU angrenzt und über ein attraktives grünes Wachstumspotenzial verfügt, wird im Green Deal als einer der Schwerpunktbereiche dieser sogenannten Green-Deal-Diplomatie genannt. Doch wie viel Zugkraft kann die Union in der Region entwickeln?
Angesichts der beträchtlichen Beträge an ausländischen Direktinvestitionen und Entwicklungshilfe, die die EU für den Westbalkan bereitstellt, können die Erwartungen hoch sein. Auch ihre Rolle als wichtiger Exportmarkt versetzt die EU in eine gute Position, um ihre Green-Deal-Diplomatie zu fördern. In Wirklichkeit scheint die EU jedoch gegenüber anderen Akteuren wie Russland, der Türkei, Katar, den VAE, Saudi-Arabien und insbesondere China an Boden zu verlieren. Durch seine berühmte Belt and Road Initiative (BRI) ist China der Hauptakteur, der derzeit die Energiezukunft des Westbalkans gestaltet, wenn auch nicht in der von der EU gewünschten Weise.

China investiert in erster Linie in fossile Energieträger auf dem Westbalkan: riesige, von China unterstützte Kohleprojekte vor den Toren der EU werden mit optimistischen Rentabilitätsprognosen vorangetrieben, wobei die ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Luft- und Wasserverschmutzung ignoriert und die Kosten der Emissionen heruntergespielt werden. Die Kohlekraftwerke in Tuzla (Bosnien-Herzegowina) und Kostolac (Serbien) sind beispielhafte chinesische Investitionen, die die Entwicklung einer grünen Wirtschaft auf dem Westbalkan gefährden, wo mehr als die Hälfte der Stromerzeugungskapazität aus kohlebetriebenen Anlagen stammt. Interessanterweise wird ein Teil dieses Stroms in die EU exportiert, wo er sogar einen Preisvorteil hat, da er nicht vom EU-Emissionshandelssystem (ETS) erfasst wird. Die Art und Weise, wie sich das Energiesystem auf dem Westbalkan entwickelt, steht somit eindeutig im Widerspruch zu den Zielen des europäischen Green Deal.
Bisher hat die EU-Politik gegenüber dem Westbalkan die Region nicht auf den Weg zu einer umfassenden Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft gebracht. Der Green Deal gibt der EU große Impulse, dies zu ändern. Durch den strategischen Einsatz diplomatischer Instrumente, wie z.B. eine externe Kohlenstoffbesteuerung auf z.B. Stromimporte sowie technische Hilfe, grüne finanzielle Anreize und vor allem die Konditionalität im Beitritts- und Assoziierungsprozess in der Region, sollte die EU ihren Einfluss nutzen und den Westbalkan dazu anregen, seine Wirtschaft mit den EU-Klimazielen in Einklang zu bringen. Ein Scheitern dieser Bemühungen auf dem Westbalkan würde wenig Anlass zu Optimismus hinsichtlich der Chancen einer erfolgreichen Green-Deal-Diplomatie in anderen Teilen der Welt geben.
Dyria Alloussi, Deutschland, ist Strategic Communications Consultant und United Europe Young Professionals Advisor.
Dinand Drankier, Niederlande, arbeitet als Researcher am Groningen Centre of Energy Law und ist ebenfalls United Europe Young Professionals Advisor.