Am Freitag, 24. April 2020, 15.30 – 17:00 Uhr, Zoom Meeting (Nur für Mitglieder von United Europe)
Mit: Prof. Dr. Ulrike Guérot (Politikwissenschaftlerin, Direktorin European Democracy Lab, Professorin für Europapolitik Donau-Universität Krems), Günther H. Oettinger (Präsident United Europe), Boris Ruge (Botschafter, Stellvertretender Vorsitzender Münchner Sicherheitskonferenz), Filippo Taddei (Associate Professor of International Economics, Johns Hopkins SAIS, Italien)
Moderation: Ali Aslan, TV-Moderator und Journalist
Die Corona-Pandemie stellt die Einheit und Solidarität Europas auf eine harte Probe. „Besonders zu Beginn der Krise haben nationale Exportbeschränkungen für dringend benötigte medizinische Geräte und einseitige Grenzschließungen die europäische Reaktion auf die Coronavirus-Krise fragmentiert”, heißt es in einem gemeinsamen deutsch-italienischen Appell an die Regierungen aller Mitgliedstaaten und an die EU-Institutionen. „Diese nationalen Reflexe schaden dem Ansehen des europäischen Projekts genau zu dem Zeitpunkt, an dem die europäische Zusammenarbeit am dringendsten benötigt wird”.
In einem Gastbeitrag in der ZEIT mahnen die beiden Diplomaten Wolfgang Ischinger und Boris Ruge: „Soll die EU bestehen bleiben, müssen die Mitgliedstaaten jetzt wirkliche Solidarität zeigen.“ Die Pandemiepolitik in Europa werde zur Schlüsselfrage. Die Politik müsse sicherstellen, dass Europa stark genug aus der Krise hervorgeht, um Herausforderungen im Inneren zu bewältigen und in einer Welt rivalisierender Großmächte zu bestehen.
Auch der Unternehmer Reinhold Würth warnt in einem Interview mit dem Handelsblatt vor einem weiteren Auseinanderdriften der EU und wachsendem Nationalismus. Langfristig sieht er keine Alternative zu einer stärkeren „politischen Einheit“ Europas, um nicht zwischen den USA, China und Russland zerrieben zu werden und plädiert für Eurobonds im Umfang von fünf Billionen Euro. „Wenn wir weiter in Frieden und Freiheit in Europa leben wollen, dann können wir doch auch für die Schulden von Italien oder anderen Nehmerländern haften.” In der Würth-Gruppe sei man schließlich auch bereit, den italienischen und spanischen Landesgesellschaften Geld zuzuschießen.
Nach zähen Verhandlungen haben sich die europäischen Finanzminister auf einen dreiteiligen ESM-Rettungsschirm und gegen Eurobonds verständigt. Italien und Spanien zeigen sich enttäuscht: Kredite statt Bonds, Bedingungen statt uneingeschränkter Hilfe.
Wie soll es jetzt weitergehen? Stehen die politische Einheit der EU und der Europäische Binnenmarkt auf dem Spiel?
Bedeutet ein europäischer Binnenmarkt auch eine Vergemeinschaftung von Schulden?
Wie können Wirtschaft und Gesellschaft nach der Krise wiederaufgebaut werden?
Können aus der Krise auch positive Impulse für Europa gewonnen werden?
Sollten sich – ähnlich wie Reinhold Würth – mehr Vertreter aus Wirtschaft und Konzernen in die Diskussion einmischen?
Über unsere Gäste:
Prof. Dr. Ulrike Guérot ist Leiterin des Departments für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems und Gründerin des European Democracy Labs in Berlin. Zuvor arbeitete sie in europäischen Think Tanks und Universitäten in Paris, Brüssel, London, Washington und Berlin. Ihre Bücher „Warum Europa eine Republik werden muss! Eine politische Utopie“ (2016 Dietz) und „Der Europäische Bürgerkrieg – Das offene Europa und seine Feinde“ (2017 Ullstein) wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. 2019 erschienen ihre beiden Essays „Wie hältst du`s mit Europa?“ und „Was ist die Nation?“ bei Steidl/IFA. Im Herbst 2019 wurde sie mit dem Paul-Watzlawick-Ehrenring sowie dem Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung ausgezeichnet.
Günther H. Oettinger ist seit Anfang 2020 Präsident von United Europe e.V. Er war von Januar 2017 bis November 2019 EU-Kommissar für Haushalt und Personal. Von November 2014 bis Dezember 2016 hatte er das Amt als EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft inne, nachdem er von Februar 2010 bis Oktober 2014 als EU-Kommissar für Energie, zuletzt auch als Vizepräsident der Europäischen Kommission, tätig war. Zuvor war Herr Oettinger in den Jahren von 2005 bis 2010 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und seit 1984 Mitglied des Landtages.
Boris Ruge ist seit 1989 Angehöriger des deutschen auswärtigen Dienstes. Er war von 2014 bis 2016 Botschafter in Saudi-Arabien und Sonderbeauftragter bei der Organisation für Islamische Zusammenarbeit. Von 2016 bis 2019 war er Gesandter an der Deutschen Botschaft Washington. Seit August 2019 ist er stellvertretender Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).
Filippo Taddei ist außerordentlicher Professor für Internationale Wirtschaft an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies (SAIS), wo er internationale Finanzen und Makroökonomie lehrt. Zudem ist er Direktor des Bologna-Instituts für Politik und Forschung (BIPR) und Direktor des Master of Global Risk (MAGR). Er promovierte 2005 an der Columbia University in Wirtschaftswissenschaften mit Auszeichnung und 2000 an der Universität von Bologna in Wirtschaftswissenschaften mit Auszeichnung. Von 2013 bis 2017 war er Sprecher für Wirtschafts- und Arbeitsangelegenheiten der Italienischen Demokratischen Partei und Wirtschaftsberater des italienischen Premierministers.
Ali Aslan ist ein international renommierter Fernsehmoderator und Journalist mit über 20 Jahren Erfahrung als Talkshow-Moderator, Nachrichtensprecher, Korrespondent und Moderator. Seine Karriere im Fernsehjournalismus umfasst Arbeiten für CNN, ABC News, Channel News Asia und Deutsche Welle TV. Im Laufe seiner internationalen Karriere hat Aslan mit vielen führenden Persönlichkeiten der Welt Interviews geführt, darunter Angela Merkel, Emmanuel Macron, Justin Trudeau, Bill Clinton, Sergey Lavrov, Christine Lagarde, Henry Kissinger, Madeleine Albright und König Felipe von Spanien. Aslan moderiert regelmäßig bei hochrangigen globalen Konferenzen, u.a. beim Weltwirtschaftsforum, der UN-Generalversammlung, den G20-Gipfeln, den Jahrestagungen der Weltbank und des IWF, der Münchner Sicherheitskonferenz, den NATO-Gipfeln und dem OECD-Forum.