KURZZUSAMMENFASSUNG:
Am 22. und 23. November 2019 fand in Paris das 17. Young Professionals Seminar von United Europe statt. 21 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 15 europäischen Ländern beschäftigten sich zwei Tage lang intensiv mit dem Thema Energiewende und Klimawandel und welche Strategien Europa dazu entwickelt. Der Großteil der TeilnehmerInnen kommt aus betroffenen Unternehmen und der Energiebranche und brachte bereits großes professionelles Wissen mit.
Gastgeber des Seminars war United Europes Firmenmitglied Enedis, das für die Verwaltung und den Ausbau von 95% des französischen Stromverteilungsnetzes verantwortlich ist.
Ziel des Seminars war, vier Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen (COP 21), das die Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C gegenüber vorindustriellen Werten anstrebt, den aktuellen Stand zu überprüfen: Welche Ziele des Klimaabkommens wurden bisher erreicht, was tun Unternehmen, um die Auflagen zu erfüllen, wie ist der Stand in USA, China, Japan?
Keynotes und Impulse kamen von Laszlo Varro (Chefökonom Internationale Energie Agentur IEA), Joel Couse (Senior Advisor IEA), Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher (Vorstand Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n)) und Carine de Boissezon (Head of Sustainability EDF Group).
Ursula von der Leyen hat in ihren Political Guidelines für die Arbeit der EU-Kommission 2019 – 2024 angekündigt, Europa im Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Dafür möchte sie ein europäisches Klimagesetz verabschieden mit dem Ziel, dass bis 2050 Klimaneutralität gesetzlich verankert werden muss. Das ist angesichts von 27 politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich vollkommen unterschiedlichen Nationalstaaten eine große, höchst komplizierte Aufgabe für die neue EU-Kommission. Hierbei muss die Ausgangsbasis jedes einzelnen Mitgliedstaates berücksichtigt werden, weshalb Polen, das zu 80% vom Energietraeger Kohle abhängt, noch etwas Zeit (und wohl auch Geld) gegeben wird, um sich den Maßnahmen anzuschließen.
Europa ist derzeit für 9% aller globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich (bei einem Bevölkerungsanteil von knapp 10%). Selbst wenn die europäischen Dekarbonisierungsziele bis 2050 erreicht werden sollten, werden diese Bemühungen weltweit nicht wesentlich viel verbessern, wenn andere Regionen der Welt ihren Kurs nicht ändern.
So ist der signifikante Anstieg der globalen Treibhausgasemissionen in den letzten 20 Jahren nur in geringerem Maße auf das globale Bevölkerungswachstum zurückzuführen, sondern vor allem darauf, dass große Teile der Bevölkerung in Asien in die Mittelschicht aufgestiegen sind und damit auch mehr Energie verbrauchen. 90% aller weltweit gebauten Kohlekraftwerke sind in diesem Zeitraum in Asien entstanden, und diese Anlagen haben potenziell eine Lebensdauer bis zu 50 Jahren.
Die Erreichung der Klimaziele bis 2030 bis hin zur angestrebten Klimaneutralität bis 2050 bedeutet eine dreimal so schnelle Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Hälfte der Zeit (im Vergleich zu 1990).
In einzelnen Präsentationen sowie in den Ergebnissen der 4 Gruppen wurde deutlich, dass die Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit, alternative Energien und CO2-Reduzierung mittlerweile eine Schlüsselstellung in den meisten europäischen Unternehmen eingenommen haben. Keine Branche, sei es Energie, Luftfahrt, Chemie oder Finanzen, die das Thema nicht zu einer vordringlichen Aufgabe gemacht hat und an Lösungen des Problems arbeitet. Da der Bedarf an nachhaltiger, klimafreundlicher Technologie und ebensolchen Geschäftsmodellen weltweit zunimmt, erwachsen daraus auch Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft, um durch Innovationen den Weg in eine klimaneutrale Welt zu unterstützen und die Erderwärmung zu stoppen. So können exportorientierte Industrieunternehmen, Forschungseinrichtungen und Zulieferbetriebe mittel- und langfristig von klugen Investitionen in global wachsende „Klimaschutzmärkte“ profitieren.
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher erklärte in einer Video-Keynote, dass die weltweite Energie- und Klimakrise „wachstumskompatibel und wohlstandsfördernd“ durch eine Wasserstoff-/Methanolökonomie gelöst werden könne. Dabei seien drei wesentliche Elemente zu kombinieren: 1. Methanolökonomie, 2. Böden als Kohlenstoffspeicher und 3. Entwicklung fördernde CO2-Kompensationsprojekte. Die panischen öffentlichen Debatten in Richtung Weltuntergang, Klimaplanwirtschaft und Elektrifizierung des gesamten Mobilitätssektors würden der Mehrdimensionalität der Herausforderung „in keiner Weise gerecht“, so Radermacher. Durch den beschriebenen Ansatz könnten jedoch Afrika, Indien und andere Schwellenländer ohne negative Klimawirkung den Entwicklungsweg Chinas einschlagen. Damit seien auch die SDGs bis 2050 umsetzbar.
Eine der Arbeitsgruppen entwickelte während des Seminars ein Kartenspiel für Schüler, das die Grundlagen von Klimawandel und seine Auswirkungen auf spielerische und interaktive Weise vermittelt. Das Spiel unterteilt die Verantwortlichen des Klimawandels in die Kategorien 1) Energieerzeugung, 2) Mobilität, 3) Ernährung und 4) Materialverbrauch, wobei die Karte, die eine Aktivität mit niedriger CO2-Emission darstellt, die mit der höheren schlägt. Jede Karte enthält zudem kurze, detaillierte Erklärungen.
Ob es – trotz weiterer positiver Ansätze und Entwicklungen – möglich ist, die angestrebten Klimaziele zu erreichen, ist dennoch fraglich. Das zeigt nicht zuletzt die gescheiterte Weltklimakonferenz in Madrid. Verantwortlich dafür sind nicht nur die Industrie, sondern auch die Bevölkerung. Carine de Boissezon sagte in ihrer Rede, dass sich die meisten Menschen zwar Sorgen wegen der Erderwärmung machen und für erneuerbare Energien sind, es allerdings nur wenig Bereitschaft gibt, dafür Windräder oder Solaranlagen in ihrer Nähe oder gar Einschränkungen des gewohnten Lebensstils zu akzeptieren.
Auch der wachsende Gebrauch des Internets und die Digitalisierung mit dem damit verbundenen enorm wachsenden Datenverkehr und dem Bedarf an energiefressenden Rechenzentren stellen ein großes Problem bei der angestrebten CO2-Reduzierung dar. Experten schätzen, dass sich der Stromverbrauch durch WLAN, Festnetz und Mobilfunk bis 2030 von 722 Terrawattstunden (TWh) auf 3.725 TWh pro Jahr verfünffachen wird. Mittlerweile soll das Internet so viel Emissionen erzeugen wie der Flugverkehr und die Bitcoin-Produktion mehr Ressourcen verbrauchen als Dänemark (Quelle).
Die Arbeitsgruppe, die sich mit der Frage beschäftigte, wie Unternehmen mit Energiewende und Klimawandel umgehen und ob es positive Beispiele gibt, hat ein weiteres Dilemma zutage treten lassen: so behaupten viele Unternehmen zwar mittlerweile, klimafreundlich und CO2-frei zu sein und nachhaltig zu produzieren, um damit auch bei den Verbrauchern ein besseres Image zu erhalten. Bei näherer Betrachtung stimmt das aber oft nicht, weil zum Beispiel Zulieferer diese Voraussetzungen nicht erfüllen.
Der Übergang zur Klimaneutralität erfordert einen tiefgreifenden Wandel in allen Teilen der Wertschöpfungs- und Wirtschaftskette. Eine weitreichende CO2-Reduktion kann nur durch eine signifikante Elektrifizierung industrieller Prozesse erreicht werden, was zu einem enormen Anstieg des kohlenstoffarmen Strombedarfs führt. Deshalb stellt für einen erfolgreichen industriellen Wandel die radikale Senkung der Preise für Strom aus erneuerbaren Energien, einschließlich staatlicher Zuschläge und Abgaben, eine unverzichtbare Voraussetzung dar. Letztendlich müssen wir uns auf einen kohlenstoffarmen EU-Binnenmarkt zubewegen, auf dem sowohl die Nachfrage als auch das Angebot für klima- und umweltfreundliche Produkte vorhanden sind.
Um auf einem globalen Markt wettbewerbsfähig zu sein, sollte sich Europa darauf konzentrieren, europäische Champions auf dem Gebiet der erneuerbaren Energieerzeugung und sauberer industrieller und chemischer Prozesse zumindest zuzulassen. Die EU-Kommission sollte daher in ihrem Green Deal prüfen, wie kollaborative und innovative Unternehmensökosysteme und globale europäische Akteure gefördert werden können. Auch die Bewertung potenzieller Hindernisse, die sich beispielsweise aus verbraucherorientierten wettbewerbsrechtlichen Anforderungen ergeben, und die Frage, wie diese Bedenken mit der Notwendigkeit einer konsolidierten europäischen Antwort auf den ausländischen Wettbewerb in Einklang gebracht werden können, könnten geeignete Punkte für den European Green Deal sein.
Die europäische Lösung für Klimawandel und Energiewende, so die abschließende Einschätzung, müsse auf Innovationen und beispielhaften Lösungen unter Wahrung von Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen basieren, die auch von anderen Ländern auf dem Weg zu CO2-Reduzierung und Klimaneutralität genutzt werden können.
DETAILLIERTE ZUSAMMENFASSUNG
Freitag, 22. November
Nach der Begrüßung durch Sabine Sasse, Geschäftsführerin von United Europe, bildete ein Vortrag von Dr. Laszlo Varro, Chefökonom der Internationalen Energieagentur IEA, den Auftakt des Seminars. Er präsentierte die Highlights des aktuellen World Energy Outlook (WEO) der IEA 2019, gefolgt von Fragen und Antworten der der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Varro erklärte, dass die IEA in ihrem WEO drei Hauptenergieszenarien abbildet:
1) Das Szenario der aktuellen Politik, in dem sich die Welt gerade befindet und das ein grundlegendes Bild davon vermittelt, wie sich die globalen Energiesysteme entwickeln würden, wenn die Regierungen keine Änderungen an ihrer bestehenden Politik vornehmen. In diesem Szenario steigt die Energienachfrage bis 2040 jährlich um 1,3%, was zu einem weiterhin starken Wachstum der energiebedingten Emissionen führt.
2) Das Stated Policies Szenario (früher New Policies Szenario), das neben den bestehenden Maßnahmen auch die heutigen politischen Absichten und Ziele berücksichtigt. Die in diesem Szenario skizzierte Zukunft ist vom Ziel einer sicheren und nachhaltigen Energiezukunft noch weit entfernt. Sie beschreibt eine Welt im Jahr 2040, in der Hunderte von Millionen Menschen noch immer keinen Zugang zu Strom haben und in der die CO2-Emissionen schwerwiegende Auswirkungen des Klimawandels auslösen. In diesem Szenario steigt der Energiebedarf bis 2040 um 1% pro Jahr. CO2-arme Quellen, angeführt von der Solar-Photovoltaik, liefern mehr als die Hälfte dieses Wachstums; Erdgas macht ein weiteres Drittel aus. Die Ölnachfrage flacht in den 2030er Jahren ab, und die Kohleverbrauchswerte sinken. Varro erklärte, dass die Dynamik hinter sauberer Energie nicht ausreicht, um die Auswirkungen einer expandierenden Weltwirtschaft und einer wachsenden Bevölkerung auszugleichen. Der Anstieg der Emissionen verlangsamt sich, erreicht seinen Höhepunkt aber nicht vor 2040.
3) Das Szenario für nachhaltige Entwicklung, das angibt, was anders gemacht werden muss, um die Klima- und Energieziele, die sich politische Entscheidungsträger auf der ganzen Welt gesetzt haben, vollständig zu erreichen. Um dieses Szenario im Einklang mit dem Pariser Abkommen zur Begrenzung des Anstiegs der globalen Temperaturen auf deutlich unter 2°C zu erreichen, sind schnelle und weitreichende Veränderungen in allen Teilen des Energiesystems erforderlich. Dank vielfältiger Brennstoffe und Technologien, die effiziente und kostengünstige Energiedienstleistungen für alle bieten, werden drastische Emissionssenkungen erreicht. Dazu bedarf es einer starken Führung durch die politischen Entscheidungsträger, da die Regierungen eindeutig die Verantwortung für ihr Handeln tragen und den größten Spielraum für die Gestaltung der Zukunft haben. Um das Szenario für nachhaltige Energie zu erreichen, betonte Varro, bedarf es einer großen Koalition aus Regierungen, Investoren, Unternehmen und allen anderen, die sich für den Klimaschutz einsetzen.
Schlussfolgerungen:
– Zwar passt sich die Energiepolitik dem heutigen Druck und den Erfordernissen an, aber die Gesamtreaktion ist noch lange nicht ausreichend, um den Bedrohungen der Energieversorgungssicherheit und der Umwelt zu begegnen, denen die Welt heute ausgesetzt ist.
– Die Öl- und Gaslandschaft wird durch Öl-Schiefer tiefgreifend umgestaltet, was zu einem intensiven Wettbewerb unter den Lieferanten führt und dem Umdenken bei den Geschäftsmodellen und -strategien der Unternehmen neue Impulse verleiht.
– Solar-, Wind-, Speicher- und Digitaltechnologien verändern den Stromsektor, aber ein integrativer und tiefer Übergang bedeutet auch, Altlasten aus der bestehenden Infrastruktur anzugehen.
– Energie ist für die Entwicklung Afrikas von entscheidender Bedeutung, und die Energiezukunft Afrikas beeinflusst zunehmend globale Trends, da sie die größte Urbanisierung durchläuft, die die Welt je erlebt hat.
– Die Regierungen müssen die Rahmenbedingungen übernehmen, indem sie das nächste Kapitel der Energiegeschichte schreiben und uns auf einen sichereren und nachhaltigeren Kurs führen.
Auf Varros Impuls folgte eine kurze Selbstvorstellung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Anschließend gab Marcus Lippold, Energieexperte und Mitglied von United Europe, eine Einführung in das Thema und einen Ausblick auf das zweitägige Seminar.
Die zweite Keynote hielt Prof. Dr. Franz Josef Radermacher, Geschäftsführer des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW/n) in Ulm. Da er nicht persönlich erscheinen konnte, war er per Skype zugeschaltet.
Radermacher ist Professor für Informatik und unter anderem Experte für globale nachhaltige Entwicklung, Innovation und Globalisierung. Er ist Vorstandsmitglied des Research Institute for Applied Knowledge Processing, Mitbegründer der Global Marshall Plan Initiative und unterstützt das Konzept einer globalen ökosozialen Marktwirtschaft.
Radermacher machte deutlich, dass in der Klimadebatte die Interessen der Entwicklungs- und Schwellenländer mehr berücksichtigt werden müssen, ebenso wie die zukünftige weltweite Entwicklung. Zu berücksichtigen sei auch, dass bei einem sofortigen Ausstieg aus der fossilen Energiegewinnung auch hunderttausende von Arbeitnehmern ihren Job verlieren würden – mit politisch und sozial kaum zu verantwortenden Folgen.
Radermachers Lösung heißt das vierfache Recyclen von Kohlenstoff, um die CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren, damit bis 2050 die Sustainable Development Goals erreicht und die globale Energie- und Klimakrise gelöst werden können. Das Recyclen könne mit preiswertem Sonnenstrom aus den heißen Wüsten der Welt erfolgen. Dort könne per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt werden, der mit CO2 zu Methanol verbunden wird. Diese benzinartige, aber weit weniger giftige Flüssigkeit könne alle Kraftstoff- und Heizölarten substituieren. Europa und Afrika könnten hier in Partnerschaft vorangehen.
Radermacher ist überzeugt, dass mit dieser Technik eine Welt in Wohlstand für 10 Milliarden Menschen und der gleichzeitige Schutz von Klima und Umwelt möglich ist. Nur mit Wohlstand für alle könne die Größe der Weltbevölkerung stabilisiert werden. Ansonsten seien soziale Umbrüche, auch bis hin zum (Bürger-)Krieg, wahrscheinlich.
Radermacher identifiziert drei Elemente, die kombiniert werden müssen, um diese Ziele zu erreichen: Methanolwirtschaft, Böden als Kohlenstoffspeicher und Klimaschutzprojekte zur Förderung der SDG-Umsetzung. Durch die vierfache Wiederverwertung von Kohlenstoff im Rahmen einer Wasserstoff-/Methanolwirtschaft können die CO2-Emissionen von 34 Milliarden Tonnen auf rund 10 Milliarden Tonnen pro Jahr reduziert werden. Dies, kombiniert mit der Nutzung von Böden als Kohlenstoffspeicher und Kohlenstoffsenken für die restlichen 10 Milliarden Tonnen CO2, werde den Kohlenstoffkreislauf schließen.
Im dritten Beitrag beleuchtete Joel Couse mehrere Herausforderungen für den Öl- und Gasenergiesektor:
Eine erste Herausforderung ist die Preisvolatilität. Die Öl- und Gasindustrie ist eine zyklische Rohstoffindustrie mit volatilen Preisen und langen Investitionszyklen. Das Aufkommen von kurzzyklischen Investitionsprojekten macht Unternehmen finanziell anfällig. Swing-Produzenten sind heute der Schieferöl- und Gassektor in den USA, was die Zyklizität verschärft. Das Wirtschaftsmodell der Öl- und Gaskonzerne ist jedoch einzigartig. Sie verfügen über beträchtliche finanzielle Ressourcen und Know-how und absorbieren gleichzeitig finanzielle und technische Risiken über ein breites Portfolio von Investitionen und Aktivitäten. Strategien für Robustheit umfassen antizyklische Investitionen, regionale Diversifizierung und Integration der Wertschöpfungskette für Öl, Gas und Strom.
Die zweite Herausforderung ist die Forderung nach Nachhaltigkeit. Die meisten Prognosen zeigen, dass der Weltenergiebedarf bis 2040 durchschnittlich um rund 1% pro Jahr wächst. Die Energieintensität oder der Energieverbrauch pro Einheit des BIP sollte kontinuierlich um mehr als 2% pro Jahr sinken. Das ist vergleichbar mit dem Zeitraum von 2000 bis 2018, als er nur um 1,6% pro Jahr zurückging. Erneuerbare Energien und Erdgas werden jeweils rund 40% der gesamten Versorgungssteigerung von Energie und Öl von rund 12% ausmachen, vor allem im Transport- und Petrochemiebereich.
Die Entwicklung des Energiemixes wird sich in Richtung eines kohlenstoffarmen Stromunternehmens bewegen. Das spiegelt sich im Kostendruck zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und in der Notwendigkeit wider, die Effizienz durch Elektrifizierung zu verbessern. Der langfristige Trend geht zu erneuerbaren Energien und Batterien, aber die Entwicklung begünstigt zunächst Gas als Übergangskraftstoff. Dieser rasant wachsende Bedarf an Flüssigerdgas (LNG), um neue Gasmärkte zu speisen, produziert LNG, um die besten und kostengünstigsten Ressourcen in Russland, den USA, Katar oder Australien mit schnell wachsenden Verbrauchermärkten in Asien zu verbinden, erfordert erhebliche finanzielle Ressourcen und technisches Know-how.
Die dritte Herausforderung ist der Klimawandel. Öl- und Gasunternehmen nehmen den Klimawandel ernst und unterstützen die Ziele des Pariser Abkommens. Die 13 Mitglieder der Oil and Gas Climate Initiative (OGCI) decken 30% der weltweiten Öl- und Gasproduktion ab. Die Unternehmen sind bestrebt, die Energieeffizienz zu verbessern, weniger CO2 auszustoßen, die Gasabfackelung auf nahezu Null zu reduzieren und die Methanemissionen sowohl vor- als auch nachgeschaltet zu eliminieren. Einige Unternehmen haben numerische Ziele für Energieeffizienzgewinne zur Verringerung der Treibhausgasintensität ihrer Geschäftstätigkeit und haben Governance-Mechanismen einschließlich Vergütungen eingeführt, um zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Da der zukünftige Energiemarkt mehr kohlenstoffarme Energie nutzen wird, entwickeln einige Unternehmen kohlenstoffarme Energiegeschäfte, einschließlich Energieeffizienz und Investitionen in Kohlenstoffsenken und natürliche Senken wie Wälder.
Danach stellten 5 Seminarteilnehmer in kurzen Präsentationen fünf verschiedene, seminarrelevante Themen vor:
1. Shradha Abt, Senior Specialist Energie und Klimapolitik bei BASF, zeigte auf, wie BASF sich auf Klimawandel, CO2-Reduzierung und die industrielle Transformation einstellt.
2. Elif Dilmen, Senior Risikoberaterin bei Marsh in der Türkei, erklärte, wie Emissionsreduzierung im Luftverkehr funktioniert.
3. Paula Amiama, Management-Trainee in Digitalisierung & Innovation bei DB Schenker, erklärte die Kreislaufwirtschaft als Modell zur Eindämmung des Klimawandels.
4. Nejra Durakovic, Senior Energieberaterin bei der Alfa Energy Group Bosnien-Herzegowina, zeigte die Modelle Adaption and Mitigation in Europa auf, was die Pläne sind und was bisher geschehen ist.
5. Samuel Zewdie, Kundenvorstand im Bereich Handelskredite & politisches Risiko bei Marsh Österreich, legte dar, wie Finanzmärkte und ihre regulatorischen Anforderungen zu einer besseren Preisgestaltung im Klimarisiko beitragen können.
Nach dem Mittagessen hielt Carine de Boissezon, Head of Sustainability bei der EDF Group, einen Vortrag über die Rolle der Finanzen und der sozialen Aspekte des Klimawandels. EDF ist ein börsennotiertes, zu 84% staatliches französisches Elektrizitätsunternehmen und der zweitgrößte Stromerzeuger der Welt.
Im ersten Teil ihrer Rede konzentrierte sich Carine de Boissezon auf die Finanzmärkte, die erst kürzlich den Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels auf den Finanzsektor intensiviert haben. Auslöser dafür war der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, als er 2015 erklärte, dass das System einem systemischen Risiko ausgesetzt sein könnte, wenn die Finanzen nicht über das mit dem Klima verbundene systemische Risiko nachdenken. Er schärfte das Bewusstsein und das Gefühl der Dringlichkeit innerhalb des Finanzsektors und erreichte, dass das Klima auf die Tagesordnung gesetzt wurde.
Zuletzt hat die kommende EU-Kommission mit dem Green Deal eine starke Führungsrolle übernommen, und die Europäische Investitionsbank kündigte Mitte November an, dass sie bis Ende 2021 die Finanzierung von Projekten für fossile Brennstoffe einschließlich Gas einstellen wird, mit dem Ziel, die Klimabank Europas zu werden.
Laut Carine beweist der Green Deal der EU die Klimaführerschaft Europas. Doch die EU allein wird nicht ausreichen, um den Kampf gegen CO2 zu lösen. Das Problem ist, wie man die anderen dazu bringt, sich zu engagieren. Als Schwellenländer erzeugen China und Indien in absoluten Zahlen eine beträchtliche Menge an CO2, aber sie werden kritisieren, dass ihr Pro-Kopf-Verbrauch nicht so groß sei wie der von Industrieländern. Der Handelskrieg zwischen den USA und China macht es noch komplizierter, einen neuen Impuls für das Klima zu setzen.
Carine verwies auch auf die aktuelle Klimakonferenz in Madrid (COP25) und erwähnte, dass sich viele Beobachter fragen, ob dieses Format noch funktioniert: viele Diskussionen und Verhandlungen mit vielen Beteiligten, aber nicht viele Aktionen.
Wenn wir bis 2050 überleben wollen, müssen wir den Temperaturanstieg stoppen, indem wir Maßnahmen ergreifen und die Agenda in Bezug auf die Verpflichtungen vorantreiben. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist der soziale Aspekt. Wir müssen sicherstellen, dass durch den Energiewandel keine „gestrandeten Arbeiter” entstehen.
Länder wie Polen, Ungarn und die Tschechische Republik haben ihre Verpflichtungen zur Klimaneutralität bis 2050 noch nicht unterzeichnet. Für einige Länder ist es ein großes Problem, wie sie den Übergang bewältigen können.
Der Finanzbereich spielt dabei eine Schlüsselrolle. In der Vergangenheit hat er sich nicht wirklich mit sozialen Aspekten beschäftigt. Aber jetzt erkennt er, dass die Energietransformation nicht ohne Berücksichtigung der sozialen Aspekte stattfinden wird.
Die Schließung von thermischen oder zukünftigen nuklearen Anlagen muss antizipiert und ordnungsgemäß verwaltet werden. Die Arbeitsperspektive ist entscheidend, da das richtige Maß an Kompetenz sichergestellt werden muss, was eine erhebliche Investition in die Ausbildung der Mitarbeiter bedeutet. EDF hat mit NGOs, Gewerkschaften und lokalen Regionen ökologische Übergangsverträge unterzeichnet, um die Transformation zu planen und sicherzustellen, dass die sozialen Auswirkungen des Energiewandels positiv sind.
90% der in Europa installierten Solarmodule werden in China oder Indien produziert. In Europa sind die meisten Solarunternehmen in den letzten 10 Jahren konkurs gegangen. Deshalb müssen europäische Champions geschaffen werden, so de Boissezon. Die Industrie müsse verteidigt werden. Wir müssen das laut und deutlich der Europäischen Union vermitteln, um sicherzustellen, dass dieser Energiewandel einen Mehrwert in Europa schafft, betonte de Bossezon.
Am Ende ihrer Rede machte sie auf die Notwendigkeit von Koordinierung und Dialog aufmerksam. Die meisten Projekte, die nicht zum Erfolg führen, lägen nicht an der mangelnden Finanzierung, sondern an der Akzeptanz in der Bevölkerung. Sie sei besorgt über den Klimawandel und wolle erneuerbaren Strom – aber sie verweigern gleichzeitig Windkraftanlagen in ihrer Nähe (NIMBY-Effekt, Not in My Backyard). Das könnte die nächste Herausforderung für die Solarbranche sein, wenn es sich um einen massiven Einsatz handelt, da sie viel Land benötigt.
Fazit: Wir müssen etwas tun, und wir müssen es schnell tun. Harte Entscheidungen und Veränderungen stehen bevor. Wir müssen versuchen, beides zu erreichen: die globale Erwärmung zu stoppen und gleichzeitig unsere Industrie, unsere Arbeitsplätze und damit unseren Wohlstand zu erhalten. Aber nicht nur Politik und Wirtschaft sind dafür verantwortlich. Die Bevölkerung müsse sich bewusst sein, dass die globale Erwärmung nur besiegt werden kann, wenn sie zu Veränderungen in ihrem eigenen Lebensbereich bereit ist.
Nach einer kurzen Frage- und Antwortrunde begannen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, in vier Arbeitsgruppen zu arbeiten.
Gruppe 1:
Die europäischen Ziele 20/20/20 und der Energiewende in der EU, wo stehen wir heute?
Gruppe 2:
Eine ganzheitliche Sicht auf die globale Erwärmung: die Verursacher (Strom, Wärme, Mobilität) und die Ausgleichselemente (Wolken, Ozeane, Vegetation).
Gruppe 3:
Wie reagieren Unternehmen auf die Herausforderungen? Wie sind sie bisher betroffen? Welche Unternehmen haben bereits Maßnahmen ergriffen? Gibt es Idealbeispiele?
Gruppe 4:
Die jüngsten Energietransformationen auf der ganzen Welt: USA, China und Japan
Samstag, 23. November
Der zweite Tag war der Arbeit an den Themen gewidmet. Nach einem kreativen, arbeitsreichen Tag präsentierten die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse und diskutierten sie mit den anderen:
GRUPPE 1: DIE EUROPÄISCHEN ZIELE 20/20/20UND DER ENERGIEWANDEL DER EU
Marcin Markowski, Karl Wagner, Shradha Abt, Nejra Durakovic, Nico Gorgas
Seit mehr als einem Jahrhundert nutzen und verbrauchen die Menschen die Energieressourcen sorglos, als wären sie endlos. Im Jahr 2020 könnte sich die Welt in einer Sackgasse befinden. Aus diesem Grund haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU im Jahr 2008 auf ein gemeinsames Ziel festgelegt, nämlich die Umwandlung Europas in eine hoch energieeffiziente, CO2-arme Wirtschaft. Damals hat die Europäische Union das erste Paket der Klima- und Energiemaßnahmen für 2020 vorgelegt:
– 20% weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990,
– 20% der Energie, bezogen auf den Verbrauch, aus erneuerbaren Energien, im Vergleich zu 1990 und
– 20% Steigerung der Energieeffizienz im Vergleich zu 1990.
Aktueller Stand
– Gut auf Kurs: Reduzierung der Treibhausgase um 23% (2018) bei einem Anstieg des BIP um 61%.
– Nicht auf Kurs: Nur 17,5% der Energie wird aus erneuerbarer Energie gewonnen (2018). Niederlande haben die schlechtesten Werte
– Nicht auf Kurs: Die Energieeffizienz liegt nur bei 17% (2018), das Ziel könnte jedoch je nach Energieverbrauch in der kommenden Periode erreicht werden.
Branchenspezifischer Ansatz
Die Erreichung der Ziele basiert auf dem Minderungspotenzial, daher haben wir uns die fünf Sektoren mit den höchsten Emissionen angesehen und untersucht, wie diese Sektoren zur Erreichung der EU-Ziele beigetragen haben: Beitrag zu den Differenzzielen, was waren die Hauptthemen und was waren die Treiber für den I) Energiesektor, II) die Industrie, III) den Verkehr, IV) den Wohnungsbau und V) die Landwirtschaft.
I. Energiesektor
Der Rückgang der Emissionen wurde hauptsächlich durch den Energiesektor verursacht. Dank des fortschreitenden Kohleabbaus und der zunehmenden Integration erneuerbarer Energiequellen (32,3% der EU-Stromerzeugung im Jahr 2018) konnten die Treibhausgasemissionen zwischen 2005 und 2016 um 26% reduziert werden. Der Ausstieg aus Steinkohle und Braunkohle schreitet EU-weit voran, wird aber in einigen Regionen aus politischen und sozioökonomischen Gründen behindert. In Polen zum Beispiel waren im Jahr 2015 über 96.000 Menschen im Bergbau (Kohle und Braunkohle) beschäftigt, das Land ist zu 80% von Kohle abhängig und kann sich die geforderten „Green Deal“-Maßnahmen noch nicht sofort anschließen.
II. Haupttreiber bei der Senkung der Treibhausgasemissionen für den Industriesektor sind:
1. ETS (einschließlich kostenloser Zertifikate):
Das Ausbalancieren der richtigen CO2-Besteuerung und der richtigen Emissionsgrenzwerte unter Verwendung anderer spezifizierter Parameter in Abhängigkeit von der Branche und der produzierten Menge an Treibhausgasen könnte dazu führen, dass drastischere Messungen der Industrie erforderlich werden, um Freizertifikatsnormen zu erreichen.
2. Verbesserte Effizienz:
Energieeffizienz senkt nicht nur die Treibhausgasemissionen, sondern auch die Produktionskosten und ist gleichzeitig eine Marketingmaßnahme.
3. Veränderungen in der Lieferkette:
Verbindung zwischen allen Beteiligten für einen ganzheitlichen Ansatz entlang der gesamten Lieferkette. Alternative Produkte und Versorgungswege können eine wichtige Rolle bei der endgültigen Umweltbilanz spielen.
III. Verkehrssektor
Nach einem Rückgang der Emissionen zwischen 2007 und 2013 sind die verkehrsbedingten Emissionen in den letzten fünf Jahren wieder gestiegen und liegen nun nur noch 3% unter denen von 2005. Gegen 2030 erwarten die Mitgliedstaaten eine leichte Reduzierung (7% gegenüber 2005). Bei der Umsetzung der geplanten Maßnahmen werden die Verkehrsemissionen bis 2030 voraussichtlich um 18% gegenüber 2005 reduziert.
Haupttreiber und langfristige Strategieoptionen, die zur Verringerung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor beitragen könnten, sind:
– CO2-Emissionsnormen für Neuwagen, Lieferwagen und schwere Nutzfahrzeuge
– schnellere Elektrifizierung für alle Transportmodelle
– Ausbau der Eisenbahnstruktur: Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene
– Wasserstoff: H2-Entwicklung für HDV’s und einige für LDV’s
– Power-to-X: Einsatz von E-Kraftstoffen für alle Modelle (dieses Szenario geht von einer
intensiven Nutzung von E-Kraftstoffen aus, d.h. synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbaren
Energien, so dass eine große Menge an Strom erzeugt werden müsste, z.B. im
Luftfahrtsektor).
– Energieeffizienz: Erhöhung der Verkehrsverlagerung
– Zirkuläre Ökonomie: Mobilität als Dienstleistung
IV. Wohnungssektor
Der Wohnungssektor war in den Jahren 2005 bis 2018 für 50% der CO2-Emissionsreduktion verantwortlich. Hauptprobleme sind hier die mangelnde Renovierung von Wohnungen, die zwangsläufig Finanzierungsfragen aufwirft; die Heiz- und Kühlsysteme in Gebäuden, die nicht effizient und in vielen Fällen veraltet sind. Und der fragmentierte Bausektor – wo für alle Wohnarbeiten viele verschiedene Parteien beschäftigt werden, um die Arbeit zu erledigen. Die wichtigsten regulatorischen Treiber für den Wohnungssektor wären: EPBD – Energy Performance of Buildings Directive, Energy Efficiency Directive – EED und andere Normen.
V. Landwirtschaft
Im Zeitraum 2008 – 2015 gab es lediglich eine Reduzierung der Treibhausgase um 1,07%
Die Einführung von Maßnahmen wie Steuern kann das Einkommen von Landwirten erheblich verringern und für Unruhe sorgen. Aus diesem Grund sollten Maßnahmen einen lohnenden statt eines strafenden Charaktesr haben.
Die Erhaltung der Bevölkerung im ländlichen Raum ist ebenfalls ein wichtiger Faktor.
Haupttreiber, die zur Senkung der CO2-Emissionen im Agrarsektor beitragen könnten, sind:
1. Gutes Landmanagement mit sorgfältiger Planung und Landkrisenmanagement
2. Steigerung der Energie- und Kraftstoffeffizienz
3. Verbesserte Bewässerung und Düngung
4. Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), um die innovativen landwirtschaftlichen und ländlichen Praktiken konsequent zu unterstützen.
5. LULUCF: Konsultation zum Grünbuch und das Engagement für die Reduzierung von Treibhausgasen mit den Mitgliedstaaten, die ihre Unterstützungsmaßnahmen durch die Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) nachweisen.
GRUPPE 2: EINE GANZHEITLICHE SICHT AUF DIE GLOBALE ERWÄRMUNG
Paula Amiama, Solomon Elliott, Tim Cholibois, Cécile Boucher, Karl Toomet, Mihkel Kaevats
Der schnelle und unumkehrbare Klimawandel stellt eine der größten Bedrohungen für zukünftige Generationen dar. Um die Öffentlichkeit ganzheitlich zu sensibilisieren, entwickelte die Gruppe ein Kartenspiel für Schüler, das die Grundlagen der Klimawissenschaften auf spielerische und interaktive Weise vermittelt. „Carbon Clash“ unterteilt unsere Auswirkungen auf den Planeten in vier Kategorien: Energieerzeugung, Mobilität, Ernährung und Materialverbrauch. Die Karten innerhalb jeder Kategorie werden in einer hierarchischen Reihenfolge nach Aktivitäten geordnet, die die geringsten Auswirkungen auf die Aktivitäten haben, die in Bezug auf die CO2-Emissionen am wirkungsvollsten sind. Jede Karte – z.B. „Kohle verbrennen“ bei der Energieerzeugung oder „Zugfahrt“ bei Mobilität – enthält eine kurze, aber umfassende Erklärungen und ist für weitere Details mit einem Online-Wiki / einem physischen Handbuch verbunden. Das Ergebnis ist eine spannende Lernerfahrung für Schüler, um ihre klimawissenschaftliche Kompetenz auf unterhaltsame Weise zu verbessern. Das Team entwickelt derzeit einen ersten Prototyp von Carbon Clash, um ihn mit verschiedenen Zielgruppen in ganz Europa zu testen. Das ist nicht zuletzt deshalb interessant, weil sich immer mehr Schulen mit dem Thema Klimawandel auseinandersetzen und Italien es sogar zum Schulfach machen will.
GRUPPE 3: WIE REAGIEREN UNTERNEHMEN AUF DIE HERAUSFORDERUNGEN?
Isabel Schulze-Berndt, Hanna Ritari, Dimitrios Vouropoulos, Elif Dilmen, Anna Chashchyna, Kalina Trendafilova
Unternehmen sind einer Reihe von klimabedingten Herausforderungen in Form von physischen, finanziellen und Übergangsrisiken ausgesetzt. Die Risiken sind vielfältig und umfassen beispielsweise Betriebsstörungen aufgrund extremer Wetterereignisse, die sich auf die Produktions- und Lieferkette auswirken, Preisschwankungen bei Rohstoffen, gestiegene Kosten aufgrund sich ändernder Gesetze oder Reputationsrisiken aufgrund der Unfähigkeit, auf sich ändernde Geschäftsanforderungen zu reagieren. Der Klimawandel stellt eine immer größere Herausforderung für Unternehmen dar. So sind beispielsweise die wirtschaftlichen Auswirkungen von Naturkatastrophen von USD 200 Mrd. im Zeitraum 1970-1979 auf USD 1.400 Mrd. im Zeitraum 2010-2017 explodiert (Marsh, 2018).
Führende Unternehmen wenden den Kampf gegen den Klimawandel jedoch zu ihrem Vorteil an, und viele Unternehmen sehen Klimaschutz als Motor für Wachstum, Wettbewerbsvorteil und Innovation. Die Kreislaufwirtschaft ist ein gutes Beispiel dafür, dass Klimaschutz und Geschäftsmöglichkeiten kombiniert, neue Geschäftsmodelle ermöglicht und neue Märkte im In- und Ausland erschlossen werden. Laut der Ellen-MacArthur-Stiftung könnte eine Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft die Netto-Ressourcenausgaben in der EU bis 2030 um jährlich EUR 600 Mrd. senken, was nach Berücksichtigung von Multiplikatoreffekten zu einem Gesamtnutzen von EUR 1,8 Billionen pro Jahr führt. Die Kreislaufwirtschaft kann besonders starke Auswirkungen auf die Lebensmittelindustrie in der EU haben, wo 20% der jährlich produzierten Lebensmittel verloren gehen oder verschwendet werden. Es gibt bereits eine Reihe von Unternehmen, die dieses verlorene Potenzial durch dynamische Preisgestaltung für verderbliche Lebensmittel nutzen, wie zum Beispiel das niederländische Unternehmen Wasteless, oder und durch die Schaffung von Marktplätzen für nicht verbrauchte Lebensmittel von Restaurants, wie das mittlerweile europaweit tätige dänische Unternehmen Too Good to Go.
Neben der Nutzung dieser völlig neuen Geschäftsmöglichkeiten engagieren sich viele Unternehmen auch für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in ihrem bestehenden Geschäft. Die Hälfte der Fortune-500-Unternehmen hat bereits Emissionsminderungs- oder Ziele für saubere Energien, und fast 700 Unternehmen haben sich verpflichtet, ein wissenschaftlich fundiertes Emissionsminderungsziel im Einklang mit dem Pariser Abkommen festzulegen. Viele Unternehmen streben auch danach, ihren Wasserverbrauch zu senken und kündigen zusätzliche Investitionen in die Entwicklung kohlenstoffarmer Technologien an.
Basierend auf einer Umfrage von Bain & Company aus dem Jahr 2016 erreichen oder übertreffen jedoch nur 2% der Nachhaltigkeitsprogramme von Unternehmen die Erwartungen und über 80% führen zu mittelmäßigen oder unklaren Leistungen. Dies zeichnet ein etwas beunruhigendes Bild von den Nachhaltigkeitsinitiativen der Unternehmen. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen heute schwer messbar zu sein scheinen. Ein Hinweis darauf liefert eine Studie der MIT Sloan School of Management, in der die Ergebnisse von fünf großen ESG (Environmental, Social, Governance) Rating-Anbietern verglichen wurden. Die Ratings unterschieden sich für ein einzelnes Unternehmen dramatisch, wobei das Korrelationsspektrum von 0,42 bis 0,73 im Vergleich zu 0,99 für Moody’s und Standard & Poor’s Ratings lag (Berg et al., 2019). Es scheint, dass das Sprichwort „Man kann nicht managen, was man nicht messen kann“ vor allem bei Nachhaltigkeitsinitiativen zu gelten scheint.
Eine mögliche Lösung, die die Unternehmen zu noch energischeren Handlungen zur Bekämpfung des Klimawandels anregen könnte, liegt in politischen Maßnahmen. Paul Polman, CEO von Unilever, wies treffend darauf hin, dass „die Wirtschaft drei Dinge von der Politik braucht: Klarheit, Vertrauen und vor allem Mut“ (UN Global Compact, We Mean Business, WRI, 2018). Klare und ehrgeizige Regulierungen und langfristige Signale für die Märkte können sowohl Investoren als auch Unternehmen dazu veranlassen, ihre Klimaschutzmaßnahmen zu beschleunigen und letztlich dazu beitragen, die Lücke zwischen Unternehmenszielen und -maßnahmen zu schließen.
GRUPPE 4: AKTUELLE ENERGIETRANSITIONEN AUF DER GANZEN WELT: USA, CHINA UND JAPAN
Dinand Drankier, Julien Hoez, Vera Mitteregger, Nevena Milutinovic, Samuel Zewdie
Obwohl wir wissen, was in Europa passiert, ist die EU nicht der Hauptbeitragszahler, wenn es um den Klimawandel geht. Ihre Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Emissionen haben eine relative Erfolgsquote. Wir können jedoch aus der Situation in Bezug auf China und die USA, zwei der größten globalen Umweltverschmutzer, und aus Japan, einem großen Industriestaat, lernen.
USA
Nachdem US-Präsident Obama das Pariser Abkommen 2015 ratifiziert hatte, kündigte sein Nachfolger Donald Trump an, es zurückzuziehen.
Da die Treibhausgasemissionen im Jahr 2017 im Vergleich zu 2005 nur auf -13% reduziert wurden, sind die USA nicht auf dem richtigen Weg, um ihren von der Obama-Regierung festgelegten NDC zu erreichen, der bis 2025 eine Reduzierung um 26 – 28% erfordert.
Eine wichtige Besonderheit der Vereinigten Staaten ist die große politische Autorität, die die einzelnen Staaten im Energiebereich haben. In Ermangelung einer ehrgeizigen föderalen Politik im Bereich der erneuerbaren Energien oder der Reduzierung der Treibhausgasemissionen haben sich die Staaten ihre eigenen Politiken und Ambitionen im Hinblick auf die Dekarbonisierung ausgedacht.
Derzeit haben 29 Staaten, der Föderalbezirk Washington, D.C. und drei Territorien verbindliche Standards, so genannte Renewable Portfolio Standards (RPSs), verabschiedet, die die Stromversorgungsunternehmen verpflichten, sicherzustellen, dass ein bestimmter Prozentsatz ihres Stroms aus erneuerbaren oder sauberen Quellen stammt. Neben verbindlichen Standards haben sich weitere acht Staaten und ein Gebiet Ziele für erneuerbare Energien gesetzt. In Bezug auf die Ambitionen haben sich 10 Staaten, der District of Columbia und das Territorium von Puerto Rico verpflichtet, ihre Stromversorgung bis 2050 vollständig zu dekarbonisieren.
Um die Erzeugung erneuerbarer Energien und den Einsatz von emissionsfreien Fahrzeugen (ZEVs) zu fördern, haben mehrere Staaten Steuergutschriften oder -erleichterungen eingeführt. Neun nordöstliche Staaten haben sich zudem zu einem regionalen Cap-and-Trade-System zusammengeschlossen, um die Emissionen aus dem Energiesektor zu reduzieren. Um auch die Emissionen aus der Produktion zu reduzieren, hat der Staat Kalifornien ein Cap-and-Trade-System eingeführt, das auch diesen Sektor abdeckt.
Obwohl viele dieser Maßnahmen auf dem derzeitigen Niveau ihrer Ambitionen liegen oder ihr aktueller Abdeckungsgrad nicht ausreicht, um die USA auf den Weg in eine Welt weit unter 2°C zu bringen, geben die stetige Weiterentwicklung der Ambitionen und die Abdeckung der Politik auf staatlicher Ebene sowie das stetige Wachstum der erneuerbaren Energiewirtschaft in den Vereinigten Staaten auf der Grundlage ihrer eigenen Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit Anlass zu Optimismus.
China
China trägt das 18. Jahr in Folge am stärksten zum Wachstum des globalen Energieverbrauchs bei. Auf sie entfallen 24% des weltweiten Energieverbrauchs und 34% des globalen Energieverbrauchswachstums im Jahr 2018. Der Energieverbrauch stieg 2018 um 4,3%, von 3,3% im Jahr 2017 und einem 10-Jahres-Durchschnitt von 3,9% und wird voraussichtlich weiterhin steigen.
Das Energiesystem zeichnet sich durch eine geringe Energieeffizienz aus, die den Industriesektor mit hohem Energieverbrauch stark dominiert. Heute verbraucht der Industriesektor fast 60% des gesamten Energieverbrauchs, ein weitaus höherer Anteil als in anderen Ländern. Auf die Importe entfallen 70% des Ölverbrauchs und 45% des Gasverbrauchs.
China steht unter dem Druck der CO2-Reduktion: CO2-Emissionen und Energieintensität werden reduziert. Die Stromerzeugung aus thermischen Kraftwerken stieg um 6,7% und der Energieverbrauch der Sekundärindustrie um 7,6% → Die Wirtschaftsleistung wuchs stärker als die Kohlenstoffemissionen und der Energieverbrauch.
China muss andere Energiequellen ausbauen und den Kohleeinsatz in wichtigen Regionen einschränken. Obwohl die Rohkohleproduktion um 4,5% gestiegen ist, sank ihr Anteil am gesamten Primärenergieverbrauch 2018 erstmals unter 60%.
Zusammenfassung
1. Änderung der chinesischen Wirtschaftsstruktur
Transformation des Industriesektors von der Schwerindustrie mit hohem Energieverbrauch zu einer leichteren Industrie und Dienstleistung mit geringerer Abhängigkeit von Energie als Input.
2. Digitalisierung
Entwicklung des Internet der Dinge, Elektrifizierung des Verkehrssektors und Nutzung großer Datenmengen als integrierter Bestandteil des Industrie- und Dienstleistungssektors. Diese Entwicklung erfordert Strom, nicht fossile Brennstoffe, als Input.
3. Verbesserung neuer Technologien für die Energieversorgung
Die Wind- und Stromversorgung hat sich zu einer technisch stabilen und wirtschaftlich tragfähigen alternativen Energiequelle entwickelt.
Japan
●Japans Energielandschaft wurde von zwei großen Ereignissen in der Geschichte des Landes geprägt:
○ den Ölschocks in den 1970er Jahren (die ihre Abhängigkeit von anderen Ländern verdeutlichte)
○ Die Nuklearkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011
● Vor Fukushima: Japan ist nach den USA und Frankreich der drittgrößte Atomstromerzeuger der Welt.
● Nach Fukushima (2013) – Änderung der Energiegewinnung in Gas, Öl und Kohle
○ Gas 42%
○ Öl 15%
○ Kohle 31%
PLAN: Verdoppelung der Menge an erneuerbaren Energien in der Stromversorgung bis 2023 auf 20%.
FAZIT:
Unter Berücksichtigung dieser Beobachtungen stellt sich die Frage, welche Lehren Europa aus den Entwicklungen in den Vereinigten Staaten, China und Japan ziehen kann. Ein erster Punkt aus dem obigen Vergleich ist, dass jedes Land aufgrund von Unterschieden in z.B. natürlichen Ressourcen, wirtschaftlicher Situation und politischem Kontext ein einzigartiges Energiesystem hat. Ansätze zur Energiewende, die in einem Land funktionieren, lassen sich daher nicht ohne weiteres auf andere Staaten übertragen. Der chinesische Top-Down-Ansatz bei der Gestaltung und Umsetzung des Energiewandels wäre für Europa kaum realisierbar, da hier Beteiligung und Konsultation der Öffentlichkeit, Stakeholder-Management und konsensuale Politik als zentrale Voraussetzungen für einen effektiven Energiewandel angesehen werden.
Ein zweiter Punkt, der in diesem Vergleich hervorgehoben wurde, ist, dass Europa nicht der einzige Ort in der Welt ist, an dem ein Energiewandel stattfindet. Auch wenn die Energiewende in den Vereinigten Staaten, China und Japan in Bezug auf Ambitionen und Schwerpunkte einen anderen Ansatz verfolgt, lassen sich Überschneidungen und gemeinsames Interesse feststellen, wie z.B. die Wasserstoffwirtschaft, Offshore-Wind und die Optimierung der (Bio-) Ressourcennutzung. Klimadiplomatie, Austausch bewährter Praktiken, politische Verbindungen mit der Innovations- und Industriepolitik und internationale Zusammenarbeit können für Europa ein fruchtbarer Weg sein, um eine aktivere Klimapolitik zu fördern und die Einführung kohlenstoffarmer Technologien im Ausland zu unterstützen.
Ausgehend von den einzelnen Lektionen, die aus den drei untersuchten Ländern gezogen wurden, fallen zwei auf: Zunächst ist es wichtig zu beachten, dass es beim Energiewandel auch um Veränderungen in der industriellen Aktivität und verschiedene Formen der Wertschöpfung geht. Während fossile Industrien im Laufe der Zeit an Wert verlieren werden, werden innovative klimaneutrale Technologien zu den Treibern der Zukunftswirtschaft. Die Kombination von Energiepolitik und Industriepolitik ist daher von großer Bedeutung. Unternehmen aus China und Japan haben einen großen Marktanteil bei der Herstellung von Hardware für erneuerbare Energien, wie beispielsweise der Photovoltaik, und machen große Fortschritte bei Technologien für erneuerbare Energien wie Wasserstoff.
Um auf einem globalen Markt wettbewerbsfähig zu sein, sollte sich Europa mehr darauf konzentrieren, europäische Champions auf dem Gebiet der erneuerbaren Energieerzeugung und sauberer industrieller und chemischer Prozesse zu schaffen. Die EU-Kommission sollte daher in ihrem Green Deal prüfen, wie kollaborative und innovative Unternehmensökosysteme und globale europäische Akteure gefördert werden können. Auch die Bewertung potenzieller Hindernisse, die sich beispielsweise aus verbraucherorientierten wettbewerbsrechtlichen Anforderungen ergeben, und die Frage, wie diese Bedenken mit der Notwendigkeit einer konsolidierten europäischen Antwort auf den ausländischen Wettbewerb in Einklang gebracht werden können, könnten geeignete Punkte sein, die in den European Green Deal aufgenommen werden sollten.
Zweitens ist, wie die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten gezeigt haben, nicht nur eine Zentralregierung der einzige Akteur, der einen Energiewandel vorantreiben kann: Auch subnationale Regierungen und Unternehmen spielen dabei eine große Rolle.
Auch im europäischen Kontext ist der Energiewandel ein Phänomen auf mehreren Ebenen, bei dem die EU, die nationalen Regierungen, die Regional- und die lokalen Regierungen ihre Rolle spielen.
Hier besteht ein klarer Zusammenhang zum Beispiel mit dem von United Europe im Oktober 2018 in Budapest organisierten Seminar “Europa der Regionen”. Die Konzentration auf integrierte regionale Ansätze für den Energiewandel und die Rolle der Regionen kann wichtige Lehren und Vorlagen liefern. Die regionale Entscheidung darüber, wie der Energiewandel gestaltet werden soll und wie der Energiewandel in die regionale Landschaft integriert werden soll, kann unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten ein guter Weg sein, um den Übergang zu erleichtern.
Sie muss daher überaus gut koordiniert sein, und zwar über alle relevanten Akteure, einschließlich der Gesellschaft insgesamt. Darüber hinaus sollten die Regulierungsbehörden und Regierungen in dieser Phase des großen Übergangs zur vollständigen Dekarbonisierung bis 2050 sehr aufgeschlossen bleiben, was Technologien und Anwendungen betrifft, die in Zukunft einen Unterschied machen werden, einschließlich derjenigen, die möglicherweise noch nicht existieren, mit denen sich F+E beschäftigt. Wie die IEA in ihrer jüngsten WEO hervorgehoben hat, werden alle Technologien und die meisten Kraftstoffe und Energieformen noch in der Zukunft benötigt, so dass es falsch wäre, bereits jetzt “Gewinner” auszuwählen, mit dem Risiko, sich auf Technologien der frühen Generation zu konzentrieren, die nur teilweise effizient sind. Dies gilt für einige EU-Mitgliedsstaaten bereits heute.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die europäische Antwort auf den Energiewandel auf dem beruhen sollte, worin Europa am besten ist: wettbewerbsfähig und vielfältig zu sein.
Wir danken Enedis für die großzügige Unterstützung!