Sanktionen gegenüber russischen Banken und Energieunternehmen beginnen einen langfristigen Einfluss auf die russische Wirtschaft zu nehmen. Unverzichtbare Auslandsinvestitionen und der Zugang zu hochentwickelter, westlicher Technologie für die Erdölindustrie wurden unterbunden. Dies beginnt den russischen Energieriesen Rosneft und seine ehrgeizigen Explorationspläne zu treffen. Die Energieunternehmen können zwei bis drei Jahren überstehen, aber ihre Explorations- und Exportpläne werden beschnitten und dies könnte auf mittlere und lange Sicht Auswirkungen auf Russlands sozialpolitische Stabilität haben.
Die weitreichenden Sanktionen, die Russland wegen der Annexion der Krim und der Destabilisierung der östlichen Gebiete der Ukraine von Seiten der Vereinigten Staaten und der Europäische Union auferlegt wurden, kommen nun an. Der Zugang zu ausländischer Technologie wurde eingefroren und westlichen Unternehmen wurde es untersagt bei Schieferöl- und Tiefseebohr-Projekten in der Arktis mitzuwirken. Die Sanktionen sind darauf ausgelegt, Russlands Erdölproduktion zu schaden, die für 80 Prozent der russischen Energieexporteinnahmen und 40 Prozent des Staatshaushaltes verantwortlich ist. Die ehrgeizigen Expansionspläne des russischen Energieriesen Rosneft, seine Öl- und Gasproduktion zu verdoppeln, werden in Gefahr gebracht. China kann die Spitzentechnologie, die der Westen liefert, nicht ersetzen. Dies wird Russlands künftige Ölprojekte erschweren und verzögern sowie auf mittlere Sicht die staatlichen Einnahmen treffen.
RUSSLAND, der zweitgrößte Ölproduzent der Welt nach Saudi-Arabien, stellt mehr als 13 Prozent des gesamten Öls auf der Welt zur Verfügung. Es wird vorhergesagt, dass seine Ölproduktion im Jahr 2014 stabil bei circa 10 Millionen Barrel pro Tag (mb/d) liegen wird, allerdings wird nicht erwartet, dass sie in Zukunft stark ansteigt, obwohl Russlands Energieministerium hofft, sie bis 2030 auf 11 mb/d zu erhöhen.
Vielmehr vermuten viele Experten, dass die Produktion um das Jahr 2015 – 2016 abnehmen wird, obwohl Russland über Ölreserven verfügt, die dreimal größer sind als die der Vereinigten Staaten und es im Bazhenov-Feld die weltweit größten, technisch förderbaren Schieferöl-Ressourcen von bis zu 75 Milliarden Barrel besitzt.
Die Entwicklung vieler neuer Projekte verzögert sich, und die anvisierten Höchstwerte für die Produktion wurden wiederholt nach unten korrigiert. Die Hoffnungen Moskaus, bis 2020 440’000 b/Tag aus der Schieferölproduktion zu gewinnen, werden zunehmend unrealistischer.
Der Zugang zur Technologie wird blockiert
Russland und sein größter Ölproduzent Rosneft hängen vom Fachwissen der Vereinigten Staaten und anderer westlicher Länder ab, um ihre teuren Schieferölreserven und andere schwerzugängliche Reserven in der Arktis abzubauen. Diese könnten bis zu 30 Prozent des weltweit verbliebenen, unentdeckten Öls und Gases ausmachen.
Rosneft wollte 400 Milliarden US$ in die arktische Ölförderung investieren und dabei die Hilfe westlicher Unternehmen in Anspruch nehmen. Die Hilfe hätte sich auf fast die Hälfte der Technologie belaufen, die für schwer zugängliche Ölprojekte benötigt wird, und auf 80 Prozent der Technologie bei offshore Projekten.
Die Energiesanktionen, die Russland von Seiten der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten auferlegt wurden, blockieren den Export dieser Spitzentechnologien für Ölfelder in Schiefergebieten, in der Arktis und für Ölprojekte in der Tiefsee.
Die Sanktionen behindern die Entwicklung von Russlands neuen unkonventionellen Ölreserven, von denen man annimmt, dass es sich hierbei um die weltweit größten handelt. Zudem haben sie westliche Banken davon abgehalten, neue russische Energiegeschäfte zu finanzieren. Bestehende Geschäfte sind davon unberührt geblieben.
Zugang zum Bankwesen
Ein halbes Dutzend von Russlands größten, mit dem Staat verbundenen Banken, auf die mehr als die Hälfte der Bank-Vermögenswerte entfallen, wurden von der westlichen Finanzierung abgeschnitten. Die russischen Banken und Unternehmen müssen von heute an bis zum Ende des Jahres 2015 134 Milliarden US$ an Auslandsschulden zurückzahlen. Der russische Öl- und Gasriese Rosneft muss allein schon 32 Milliarden US$ an Auslandskrediten zurückzahlen.
Russland läuft nach Aussage des amerikanischen Bankunternehmens Merrill Lynch Gefahr, 500 Milliarden US$ an Direktinvestitionen zu verlieren, mit einem Multiplikatoreffekt von weiteren 300 Milliarden US$ und einem Einnahmenverlust von 27-65 Milliarden US$ auf mittlere Sicht.
Die westlichen Sanktionen erschweren die Ambitionen Rosnefts vor dem Hintergrund fallender Ölpreise. Diese sind von 110 US$ auf unter 80 US$ pro Barrel abgerutscht. Der Vorstandsvorsitzende der Rosneft, Igor Sechin, ein enger Verbündeter von Präsident Wladimir Putin und die Nummer eins in der russischen Ölindustrie, wurde vom US-Finanzministerium auf die schwarze Liste gesetzt und sieht sich mit persönlichen Sanktionen konfrontiert.
Rosneft ist die weltweit größte, börsennotierte Ölgesellschaft was die Produktion und die Reserven angeht. Es verfügte über nachgewiesene Kohlenwasserstoffreserven in Höhe von 33,01 bb Öläquivalent am Ende des Jahres 2013, und erzeugt fast 5 mb/Tag – vier Prozent der gesamten globalen Versorgung – mehr Öl als die OPEC-Mitglieder Iran und Irak.
Ein korruptes Land
Der Aufstieg von Rosneft begann im Jahr 2004, als Igor Sechin von Präsident Putin nach der Übernahme der Hauptvermögenswerte von Michail Khodorkovskys Yukfos Oil Co. – Russlands größtem Rohölhersteller – an die Spitze berufen wurde. Herr Khodorkovsky wurde im Jahr 2003 inhaftiert und verbrachte wegen Steuerhinterziehung und einer Betrugsanklage 10 Jahre im Gefangenenlager.
Russlands Investitionsklima und die Korruption haben sich nicht verbessert, als der Energiesektor unter staatliche Kontrolle zurückkehrte. Russland ist die korrupteste Nation innerhalb der G20-Gruppe fortschrittlicher Volkswirtschaften und wurde im Jahr 2013 auf Platz 127 von insgesamt 138 Länder des “Corruption Perceptions Index” von Transparency International gelistet.
Igor Sechin wurde im Mai 2012 der CEO von Rosneft, nachdem er die Entlassung des vorherigen Chefs Sergei Bogdanchikov initiiert hatte, der zeitlebens in der Ölindustrie tätig gewesen war. Herr Sechin fädelte für Rosneft den Kauf der TNK-BP ein, einem BP-Öl-Joint Venture in Russland. Dies machte Rosneft zum bei weitem größten börsennotierten Ölproduzenten in der Welt.
Herr Sechin wurde die zweitmächtigste Figur im Kreml und die Gallionsfigur für Putins Entschluss die Rolle des Staates in der russischen Wirtschaft wiederherzustellen.
Der Ausbau von Rosneft
Gemeinsam haben Herr Putin und Herr Sechin Rosneft und deren Akquisitionspolitik dazu benutzt, um die staatliche Kontrolle im russischen Ölsektor wiederherzustellen. Rosneft ist jetzt zu 69,5 Prozent eine staatseigene Gesellschaft und kontrolliert ungefähr 40 Prozent der gesamten Rohölproduktion Russlands.
Rosnefts jährliche Einnahmen stiegen um 128 Prozent auf ungefähr 143,6 Milliarden US$ im Zeitraum von 2010 bis 2013. Der Anteil an staatseigenen Unternehmen belief sich auf mehr als die Hälfte von Russlands BIP nachdem Rosneft im März 2013 die TNK-BP erworben hatte – im Vergleich zu gerade einmal 30 Prozent im Jahr 1999.
Im Laufe der nächsten beiden Jahrzehnte plant Rosneft 10 neue Ölfelder zu erschließen und seine gesamte Öl- und Gasproduktion auf 10 Millionen Barrel Öläquivalent pro Tag zu verdoppeln – mehr als die derzeitigen Produktionsniveaus von BP, Shell und Chevron zusammengenommen.
Rosneft versucht jetzt Basneft, eine ‘private’ Ölfirma, zu erwerben. Sie befindet sich im Besitz des Oligarchen, Vladimir Yevtushenkov, der über ein persönliches Vermögen von 7,5 Milliarden US$ verfügt. Er ist wegen ungesetzlicher Privatisierung und Geldwäsche angeklagt worden. Man erwartet, dass seine Schwierigkeiten, die er derzeit mit dem Gesetz hat, verschwinden werden, falls er sein Unternehmen abstößt.
Die Akquisitionsstrategie
Rosneft plant auch die Gasproduktion auf 100 bcm bis zum Jahr 2020 zu verdoppeln, um Russlands zweitgrößter Gasproduzent nach Gazprom zu werden. Rosneft erhöhte seine Gasproduktion um 132,9 Prozent von 16,39 bcm im Jahr 2012 auf 38,17 bcm im Jahr 2013. Der Anteil des Unternehmens am russischen Gasmarkt stieg von 3,9 auf 8,8 Prozent.
Die Produktionszunahme erfolgte in erster Linie durch eine gezielte Akquisitionsstrategie. Rosneft hat seinen Griff auf das Gasunternehmen Itera gefestigt und einen 51-prozentigen Anteil an Sibneftegaz erworben, das 12 bcm pro Jahr produzieren kann, mit dem Potenzial die Produktionsmenge auf 18 bcm pro Jahr zu erhöhen.
Rosnefts Gasreserven beliefen sich am Ende des Jahres 2013 auf 6,6 Trillionen Kubikmeter (tcm). Sie machen 32 Prozent der Kohlenwasserstoffreserven von Rosneft aus und fast 10 Prozent der Produktion des Unternehmens.
Aber Rosnefts Ambitionen was den Öl- und Gassektor anbelangt, insbesondere seine Lieferverträge mit China, hängen im Transportbereich von den Konkurrenten Gazprom und Transneft ab. Rosneft hat beide Unternehmen, die über ein Infrastrukturmonopol verfügen, kritisiert ihre eigenen Ziele und Interessen auf Kosten der gesamten Energieindustrie und der russischen Wirtschaft durchzudrücken.
Der Energieplan
Herr Sechin will das Exportmonopol von Gazprom abschaffen, indem er den Gassektor reformiert. Eine erste Stufe schlägt einen Preis mit gleichen Gewinnen vor. Dabei wären die inländischen und die Exportpreise gleich, um allen russischen Marktteilnehmern den gleichen Zugang zum Gastransportsystem der Gazprom zu ermöglichen.
In einem zweiten Schritt wäre vorgesehen, dass das Gastransportsystem der Gazprom, ein staatlich reguliertes, unabhängiges Unternehmen wird, das den Gasaustausch veranlasst und somit allen Marktteilnehmern die Möglichkeit gibt Gas zu exportieren.
Gazprom wäre dann in diesem Plan nicht mehr länger Russlands alleiniger Gasexporteur. Derzeit befinden sind ungefähr 27 Prozent des russischen Gasmarktes in den Händen ‘unabhängiger’ Gashersteller wie Rosneft, Novatek und anderen.
Russlands Energieministerium erstellte im Januar 2014 einen Entwurf für eine Energiestrategie, deren Planungszeitraum sich bis 2035 erstreckt. Diese Strategie schlägt auch vor Gazproms Gastransportgeschäft von der Produktion zu trennen. Gazprom hat allen Vorschlägen widerstanden, sein Monopol preiszugeben, und kämpft auch gegen die Versuche der EU, den europäischen Gasmarkt zu liberalisieren.
Ein historischer Deal
Exporte sind das lukrativste Segment der russischen Energieunternehmen. Rosneft versucht auch einen Anteil am Ölpipeline-Monopol von Transneft zu erwerben, um Kontrolle über die Preisfestsetzung für den Öltransport über die ESPO-Pipeline nach China zu erlangen. Transneft widersetzt sich diesem Schritt.
Rosneft fordert auch den Zugang zur geplanten ‘Power of Siberia’ Pipeline der Gazprom, deren Bau sich im Anschluss an den historischen Gasdeal zwischen Russland und China im Mai 2014 ergeben hat. Man schätzt, dass die ‘Power of Siberia’ Pipeline bis zu 46 Milliarden US$ kostet. Rosneft möchte die neue Pipeline Gazproms, die 38 bcm/Jahr transportiert, mit seinen eigenen neuen Gasfeldern verbinden.
Die russische Regierung hat noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, die Transportmonopole von Gazprom und Transneft zu brechen. Allerdings erzwingen die westlichen Sanktionen eine stärkere Kooperation zwischen Gazprom und Rosneft.
Rosneft hat Zugang zu westlicher Technologie und zu Managementerfahrung erhalten, dadurch dass sie Yukos und TNK-BP erworben haben.
Die Strategie wird bedroht
Rosnefts Rohölproduktion wuchs im Zeitraum von 2009 bis 2012 jährlich im Durchschnitt um mehr als 3,5 Prozent, verglichen mit den 1,5 Prozent von TNK-BPS. Aber das Wachstum von Rosneft war größtenteils zurückzuführen auf seine engen Beziehungen zur Regierung mit Zugriff zu neuen Ressourcen wie dem Vankor-Ölfeld in Sibirien – Russlands größtem Ölfund in den vergangenen 25 Jahren. Dort wurde im Jahr 2008 mit der Produktion begonnen und es trägt mit fast 10 Prozent zur Gesamtproduktion Rosnefts bei.
Rosneft hat im Jahr 2011 ein Teileigentum an Projekten von ExxonMobil in Alaska, dem Golf von Mexiko und den US-Schieferölfeldern erworben. Die US-Regierung hat jegliche Arbeiten am Sachalin 1 Projekt gestoppt.
Die westlichen Sanktionen behindern auch Russland und Rosnefts ehrgeizige LNG-Exportpläne in Sachalin und Wladiwostok, da niemand in Russland Teile für LNG-Exportterminals erzeugt. Die Sanktionen bedrohen letztendlich die gesamten Diversifikationsstrategien von Rosneft und Gazprom im Osten.
Die chinesische Partnerschaft
Rosneft muss mit BP, das einen 20-prozentigen Anteil an Rosneft, Statoil, Shell, SeaDrill – dem weltweit größten offshore-Bohrunternehmen -, Total und ExxonMobil hält, in einer ganzen Reihe größerer Projekte in der russischen Arktis-Region halten. Aber gemeinsame LNG-Projekte und die Ausbeutung der riesigen Schieferöl-Ressourcen werden durch die fehlende Bohrinfrastruktur und durch zu hohe Kosten behindert.
Der fehlende Zugang zu ausländischem Kapital und ausländischer Finanzierung für russische Unternehmen und Kreditgeber, wird sich massiv auswirken, wenn sie 134 Milliarden US$ an Auslandsschulden am Ende des Jahres 2015 zurückzahlen müssen.
Russland und Rosneft haben beide geäußert, dass sie ihre Energie-Technologie-Partnerschaft mit China ausweiten und vertiefen werden, um einen Ersatz für die Abhängigkeit von westlicher Technologie und Finanzierung zu finden. China wurde im Jahr 2011 zu Russlands Top-Handelspartner, und verdrängte damit Deutschland von dieser Position.
Rosneft sieht sich infolge der Übernahme von TNK-BP einem riesigen Schuldenbetrag gegenüber, aber es hat ein Vorauszahlungsabkommen in Höhe von 70 Milliarden US$ mit der China National Petroleum Corp. (CNPC) geschlossen, im Austausch für Lieferungen im Januar 2014. Zuvor hatte es ein anderes vorläufiges Öllieferabkommen mit Petrochemical Corp. über 100 mt Rohöl über den Zeitraum von 10 Jahren im Oktober 2013 unterschrieben.
Die Umgehung der Sanktionen
Diese vorgezogenen Zahlungen versorgen Rosneft mit wichtigen Einnahmen, aber Kritiker sagen, dass sie Rosnefts Ölexporte an andere Kunden, die höhere Preise bezahlen könnten, beschränken.
China könnte mit einer Finanzierung einspringen und Energieprojekte sowie auch andere Projekte mit Vorauszahlungen und anderen Formen engerer Zusammenarbeit unterstützen, aber das hat Grenzen und beinhaltet geopolitische Risiken.
China wird letztendlich seine eigenen strategischen Interessen verfolgen. Es wird versuchen, den Westen und Russland gegeneinander auszuspielen, um das bestmögliche Ergebnis für sich zu erzielen. China fehlt es auch an Spitzentechnologie im Offshore-Bereich und bei der Hydro-Fracking-Bohrtechnologie ebenso wie bei Wartungsdiensten im Ölsektor und was die Managementerfahrung anbetrifft.
Russland und einige westliche Unternehmen mögen versuchen die westlichen Sanktionen zu umgehen, indem sie die “China-Karte” ausspielen, um auf diese Weise legale Schlupflöcher zu finden und Technologie und Ausrüstung über Drittländer zu exportieren.
Aber es wird nicht möglich sein, Russlands Produktionsrückgang aus den voll erschlossenen Feldern zu stoppen, ohne dass man neue Explorationsprojekte angeht, die mindestens einen Ertrag von 160 mt pro Jahr in den nächsten paar Jahren liefern.
Die Projekte verzögern sich
Um dies zu erreichen, muss Russland seine Investition in der Erforschung verdreifachen. Den russischen Unternehmen fehlt es hierzu aber an Geld und sie werden 1,5 Milliarden US$ pro Jahr an Auslandskapital benötigen.
Die westlichen Sanktionen behindern ganz offensichtlich die ehrgeizigen Expansionspläne von Rosneft und anderen. Ein geplantes Geschäft über 2 Milliarden US$ zwischen Rosneft und Vitol – dem weltgrößten unabhängigen Ölhändler -, ist wegen der Sanktionen aufgeschoben worden. Dieses Geld sollte ursprünglich von Banken aus den Vereinigten Staaten und Europa aufgebracht werden.
Unternehmen aus der russischen Ölindustrie haben ihre Kapitalausgaben reduziert und wichtige Projekte hinausgeschoben. Rosneft, das 20 Milliarden US$ Rücklagen in seiner Bilanz aufgebaut hat, hat die russische Regierung um 48 Milliarden US$ gebeten, um seine Schulden aus dem russischen nationalen Vermögensfonds zu bezahlen. Der nationale Vermögensfonds war dafür vorgesehen, das Rentensystem zu unterstützen, aber das Geld wird jetzt dazu verwendet, um die westlichen Sanktionen auszugleichen.
Die russische Regierung ist bereit, seine ‘Energieriesen’ kurzfristig zu unterstützen, aber das könnte seine zukünftige Wachstumsstrategie für die Wirtschaft, seine sozialpolitische Stabilität und seinen Anspruch als “Großmacht” zu gelten, untergraben.
Perspektiven
Die westlichen Sanktionen, die darauf abzielten Russlands kurzfristige Ukraine-Politik zu verändern, indem man ihm mittel- und langfristige Kosten auferlegt, sind für die zukünftige Wirtschaftswachstums-Strategie und die sozialpolitische Stabilität in Russland von Bedeutung. Russland mag es gelingen, sich über die nächsten zwei bis drei Jahre durchzuschlagen, aber seine wachsenden Strukturprobleme sind eng mit den Sanktionen im Energie- und Bankensektor sowie mit den fallenden Ölpreisen verbunden. Die Sanktionen mögen geholfen haben Russlands Aggression in der Ukraine über die letzten paar Monate abzuhalten.
Russlands neue Partnerschaft mit China ist nachvollziehbar und hebt Russlands neue geopolitische Verwundbarkeit und Schwäche hervor.
Russland hofft, seinen bilateralen Handel mit China von ungefähr 90 Milliarden US$ im Jahr 2013 auf mehr als 100 Milliarden US$ im Jahr 2015 auszuweiten, aber dies wird gerade einmal zwei Prozent von Chinas weltweitem Handel ausmachen. Russlands bilateraler Handel mit der Europäischen Union beträgt 440 Milliarden US$ und steht damit für die Hälfte der russischen Im- und Exporte.
Russlands Schwenk Richtung Asien wird seine bedeutenden strukturellen Probleme der abnehmenden Auslandsinvestitionen, des westlichen Hochtechnologie-Transfers, der Kapitalabwanderung und der Korruption nicht lösen. Das BIP stagniert, wenn es nicht sogar sinkt, und es wird durch die westlichen Sanktionen und die fallenden Ölpreise getroffen.
Der Kreml hat ein 10-jähriges Programm für Verteidigungsausgaben eingeführt und 77 Milliarden US$ für das erste Jahr bereitgestellt. Er hat aber auch zugesagt, dass er den Versprechungen zu den Sozialausgaben nachkommen würde. Jetzt muss er sich wieder zwischen ‘Gewehren und Butter’ entscheiden.
Die Ukraine-Politik von Wladimir Putin scheint in dieser Hinsicht zunehmend kontraproduktiv zu sein, indem sie die wirtschaftspolitischen Grundlagen schwächt, auf die sich die Macht des Kremls und die Zukunft Russlands stützen.
Dieser Bericht wurde von Dr. Frank Umbach verfaßt und wird unseren Mitgliedern mit freundlicher Genehmigung von © Geopolitical Information Service AG, Vaduz zur Verfügung gestellt:
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