United Europe ist eine interessante Initiative, die zur rechten Zeit kommt.
Es wird Europa rasch gelingen müssen, seine Existenz auf überzeugende Weise zu begründen. Sonst, fürchte ich, werden schlechte und kurzsichtige Politiken dazu führen, dass eine wirkliche Gelegenheit versäumt wird, deutlich zu machen, warum ein starkes und einiges Europa für ein friedliches und wohlhabendes 21. Jahrhundert unverzichtbar ist.
Folgender Herausforderung müssen wir uns stellen: Wie können wir das, was in meinen Augen die offensichtliche und richtige Lösung für Europas Probleme ist, in die Wirklichkeit umsetzen? Wie kann es uns vor allem gelingen, den nötigen politischen Konsens für weitreichende Veränderungen an der Funktionsweise Europas zu schaffen?
An dieser Stelle geht es um zwei miteinander zusammenhängende Fragen:
- Welches sind die richtigen institutionellen Mechanismen, die es Europa ermöglichen würden, zu gemeinsamen Entscheidungsverfahren zu gelangen, die von den Menschen in Europa als legitim empfunden werden;
- Wie bringen wir das europäische Gemeinwesen zu der Einsicht, dass Europa ohne Reformen seine Stellung verlieren wird, und welche Reformen sind notwendig, um unsere wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ideologischen Ziele zu erreichen?
Ich habe den Eindruck, dass es in Europa viele Menschen gibt, die Reformen unterstützen. Aber ihre Stimme dringt nicht durch, im Gegensatz zu den Anti-Europäern und den Verfechtern des Status Quo, die sich geschickt positioniert haben. Das soll nicht heißen, dass es nicht viele Leute gibt, auch aus der politischen Führung, die über Reformen sprechen. Aber sie dringen nicht durch, weil ihnen ein schlüssiges Konzept fehlt, wie sie Reformen in die Wege leiten können.
Die Ursache dieses Versagens liegt nach meiner Erfahrung daran, dass sich Europa in einem Zwiespalt befindet, wenn es um institutionelle Reform geht: Auf der einen Seite führt der natürliche Weg zu engerer Integration dahin, dass man den EU-weiten Gremien wie der Kommission und dem Parlament mehr Kompetenzen gibt. Auf der anderen Seite sind es aber genau diese Gremien und ihre Unzulänglichkeiten, die die anti-europäische Stimmung oftmals erst verursacht haben.
Alle sagen, dass wir Europa vereinen sollen. Aber sobald über das „Wie“ gesprochen wird, sagen die vorhandenen, dem Status Quo verhafteten Institutionen: Ihr sollt Europa vereinen, indem ihr uns mehr Macht gebt, weil wir die Bewahrer alles Europäischen sind. Das Problem dieser Institutionen ist, dass sie aus der Zeit stammen, als es in Europa darum ging, Frieden statt Krieg zu schaffen. Damals glaubte man, die Nationalstaaten seien von Natur aus gefährlich. Aus Sicht der heutigen Generation, die sich politisch stärker ihren eigenen Regierungen verbunden fühlt, ist diese Vorstellung absurd.
Dies also ist die Kernfrage unserer Zeit. Mit Rechts oder Links hat sie nichts zu tun. Eine gute Antwort würde quer durch das politische Spektrum Unterstützung finden. Aber sie muss radikal sein, und sie muss dem tatsächlichen Befinden der Menschen im heutigen Europa entsprechen.