Am Dienstag, dem 25. März, richtete sich Günther H. Oettinger, Präsident von United Europe, an die Mitglieder von United Europe und teilte seine Perspektive zum Ergebnis der deutschen Bundestagswahlen 2025.
Die Bundestagswahl führte zu einem zersplitterten Parlament. Die FDP ist draußen, und die AfD ist zur zweitgrößten Fraktion nach der CDU aufgestiegen. Die einzige tragfähige Regierungsoption war eine „Große Koalition“ aus CDU/CSU/SPD – nicht mehr „groß“ in ihrer Stärke, aber notwendig, um eine stabile Regierung zu bilden.
Friedrich Merz, der voraussichtlich Kanzler wird, bringt wertvolle europäische Erfahrung aus seiner Zeit im Europäischen Parlament mit. Seine Führung könnte eine Verschiebung hin zur Nutzung des europäischen Rahmens markieren, um die globale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und der EU zu stärken – insbesondere gegenüber China und den USA.
Hauptaufgaben:
Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliches Wachstum: Deutschland benötigt strukturelle Reformen, nicht nur Haushaltsflexibilität. Während das scheidende Parlament die Verfassung änderte, um die Schuldenbremse zu lockern (mit der Absicht, Verteidigung und Infrastruktur zu finanzieren), besteht das Risiko, dass der Zugang zu Finanzmitteln ohne Reformen notwendige Änderungen am Arbeitsmarkt sowie in der Industrie- und Energiepolitik verzögert. Innovation und private Investitionen müssen wiederbelebt werden, wenn Deutschland seinen Status als globaler Industrieführer zurückerobern will.
Migrationspolitik: Migration bleibt ein umstrittenes Thema. Deutschland, Österreich und die Niederlande tragen aufgrund ihrer großzügigen Sozialsysteme unverhältnismäßig hohe Kosten, die weiterhin mehr Migranten anziehen als andere EU-Staaten. Es wird ein gerechteres europäisches Asyl- und Umverteilungssystem benötigt, zusammen mit einer Neubewertung der eigenen Leistungsstruktur Deutschlands.
Sicherheit (intern, extern, Cyber): Die Verteidigungsausgaben steigen, aber ohne koordinierte europäische Plattformen ist die Effizienz begrenzt. Zusammenarbeit in Bereichen wie Satelliteninternet und gemeinsame Beschaffung ist entscheidend. Das Vertrauen in die USA, insbesondere unter Trump, ist gering, und Europa benötigt dringend Souveränität in der Verteidigung.
Europäische Dimension und Außenpolitik
Die Beziehung Deutschlands zu Frankreich und zu europäischen Führungspersönlichkeiten wie Donald Tusk muss gestärkt werden. Die Koordination zwischen Mitteleuropa und Osteuropa ist entscheidend. Die EU muss in globalen Fragen eine geeinte Front zeigen und vermeiden, von externen Akteuren wie Trump, Putin oder Xi gespalten zu werden. Handelspolitik, Verteidigungskooperation und Energie sind alles Bereiche, die eine engere Integration erfordern.
Das enttäuschende Ergebnis des letzten Europäischen Rates – bei dem Ursula von der Leyen 50 Milliarden Euro an Unterstützung vorschlug, aber aufgrund des ungarischen Vetos nur 5 Milliarden Euro vereinbart wurden – verdeutlicht die internen Schwächen der EU: Die baltischen Staaten und Dänemark investieren stark in die Verteidigung der Ukraine, während entferntere Nationen weniger Dringlichkeit zeigen. Die Solidarität in der NATO und der EU darf nicht von geografischer Nähe abhängig sein.
Energie- und Industriepolitik
Der bisherige Fokus Deutschlands auf erneuerbare Energien hat zu hohen Energiepreisen für Haushalte und Industrie geführt. Es wird eine pragmatischere Energiepolitik benötigt, die Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit ausbalanciert. Auf europäischer Ebene hat sich der Green Deal nun zu einem „Clean Industrial Deal“ weiterentwickelt, bei dem die Wettbewerbsfähigkeit wieder zentral geworden ist.
Vorsichtiger Optimismus oder riskantes Spiel?
Es gibt wachsende Frustration, dass Reformen immer dem Geld folgen, anstatt ihm vorauszugehen. Die jüngste Lockerung der Schuldenbremse könnte kurzfristig fiskalische Flexibilität bieten, aber ohne parallele Reformen besteht das Risiko, dass sich die Stagnation verfestigt. Ein vertrauliches Gespräch zwischen Merz und Klingbeil könnte ein Versprechen zur Reform im Austausch für Haushaltsspielraum beinhaltet haben – aber das bleibt abzuwarten.
Zusammenfassend steht Deutschland an einem Scheideweg – Innenpolitik, Haltung zu Europa und Weltpolitikfähigkeit erfordern entschlossene Führung. Die Frage ist: Kann diese Koalition liefern?