Videodiskussion am Montag, 18. Mai 2020, 15.00 – 16:30 Uhr, Zoom Meeting (nur für Mitglieder von United Europe)
Gäste:
Sabine Lautenschläger, ehemaliges Mitglied des Direktoriums der EZB, ehem. Stellv. Vorsitzende der EZB-Bankenaufsicht
Enrico Letta, ehemaliger italienischer Premierminister, Dekan der Paris School of International Affairs (PSIA) an der Sciences Po
Gordan Grlić Radman, Außenminister der Republik Kroatien
Alexander Stubb, ehemaliger finnischer Premierminister, Direktor der School for Transnational Governance (STG) am EUI
Moderation: Ali Aslan, TV-Moderator & Journalist
Solidarität ist eines der Kernpunkte der Schuman-Erklärung, die vor 70 Jahren den Grundstein für die Schaffung der Europäischen Union legte. „Europa wird nicht auf einmal oder nach einem einzigen Plan geschaffen werden”, erklärte der französische Außenminister Robert Schuman am 9. Mai 1950. „Es wird durch konkrete Errungenschaften aufgebaut werden, die zunächst eine De-facto-Solidarität schaffen.“
Heute ist Solidarität eines der am dringendsten benötigten Bindeglieder in der Europäischen Union. Doch ihre Gründungsmitglieder Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg scheinen weiter auseinander zu driften als jemals zuvor.
Drängende Fragen, inwieweit die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Auswirkungen der Krise finanziert und abgemildert werden können, spalten vor allem im Hinblick auf Corona-Bonds die Meinungen und Erwartungen. Da die nordeuropäischen Staaten gegen Bonds sind, wenden sich in den südeuropäischen Ländern, und hier insbesondere in Italien, die Bürger und Politiker von der Europäischen Union ab und der Großmacht China zu.
Das führt direkt in ein unlösbares Dilemma: Sollten die Nordeuropäer gegen Euro-Bonds stimmen, spielen sie den rechten Populisten im Süden in die Hand. Stimmen sie für Bonds, werden das Rechtspopulisten in den nördlichen Ländern für ihre Zwecke nutzen.
Wie lässt sich dieses Problem lösen? Und was geschieht mit den osteuropäischen Ländern, die ebenfalls von der Krise betroffen sind, wie Kroatien, Tschechien oder Rumänien, die nicht zur Eurozone gehören? Wie werden sie mit den Kosten und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie fertig? Und welche Auswirkungen hat das Urteil des Bundesverfassungsberichts in Karlsruhe, das die Anleihekäufe der EZB in Frage stellt?
Über unsere Gäste:
Sabine Lautenschläger ist eine deutsche Juristin. Von 2014 bis 2019 war sie als Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB) und als stellvertretende Vorsitzende des einheitlichen Aufsichtsmechanismus der EZB tätig. Zudem war sie 2019 Vorsitzende des European Retail Payments Board und Vorsitzende des Euro Cyber Resilience Board für paneuropäische Finanzinfrastrukturen. Sie war stellvertretende Gouverneurin der Deutschen Bundesbank (2011 bis 2014) und von 2008 bis 2011 Mitglied des Direktoriums und Hauptgeschäftsführerin für Bankenaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bei der BaFin und ihrer Vorgängerin war sie über 15 Jahre in verschiedenen Führungspositionen tätig. Von 2008 bis 2018 war sie Mitglied des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht und von 2015 bis 2019 Mitglied des Financial Stability Board. Sie war Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrates der Europäischen Bankaufsichtsbehörde und Beobachterin im European Single Resolution Board.
Enrico Letta ist Dekan der Pariser Schule für Internationale Angelegenheiten (PSIA) an der Sciences Po in Paris und Präsident des Jacques-Delors-Instituts. Von April 2013 bis Februar 2014 war er italienischer Premierminister. Zuvor war er Minister für EU-Angelegenheiten (1998-1999), Minister für Industrie, Handel und Handwerk (Januar-April 2000, während der zweiten D’Alema-Regierung), Minister für Industrie, Handel und Handwerk und Außenhandel (2000-2001, während der zweiten Amato-Regierung) und von 2006 bis 2008 Unterstaatssekretär des Premierministers der Mitte-Links-Regierung unter Romano Prodi. 2001 bis 2015 war er Mitglied des italienischen Parlaments, ausgenommen von 2004 bis 2006, als er Mitglied des Europäischen Parlaments war. Von 2009 bis 2013 war er zudem stellvertretender Sekretär der Demokratischen Partei (PD).
Gordan Grlić Radman ist seit Juli 2019 Minister für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Republik Kroatien. Im Oktober 2017 wurde er zum Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter der Republik Kroatien in der Bundesrepublik Deutschland ernannt. Seit Juni 2017 ist er auch Präsident der Donaukommission. Im Jahr 2012 wurde er zum kroatischen Botschafter in Ungarn ernannt. Zuvor war er im kroatischen Außenministerium als Leiter der Abteilung für Mitteleuropa und als Generalsekretär tätig. Von 2011-2014 war er Sekretär der Donaukommission. Von 1994-1996 war er als Diplomat in der kroatischen Botschaft in Bulgarien und Ungarn tätig. Gordan Grlić Radmans diplomatische Laufbahn begann 1992 als Beamter für auswärtige Angelegenheiten in der kroatischen Botschaft in der Schweiz.
Alexander Stubb ist Direktor der School for Transnational Governance (STG) am European University Institute (EUI) in Florenz, Italien. Zuvor war er Premierminister, Finanzminister, Außenminister, Handels- und Europaminister Finnlands (2008 bis 2016). Von 2004 bis 2008 war er Mitglied des Europäischen Parlaments und des nationalen Parlaments (2011-2017). Von 2014 bis 2016 war er Vorsitzender der Nationalen Koalitionspartei (Kokoomus) und von 2017 bis 2020 Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB).
Ali Aslan ist ein international renommierter Fernsehmoderator und Journalist mit über 20 Jahren Erfahrung als Talkshow-Moderator, Nachrichtensprecher, Korrespondent und Moderator. Seine Karriere im Fernsehjournalismus umfasst Arbeiten für CNN, ABC News, Channel News Asia und Deutsche Welle TV. Im Laufe seiner internationalen Karriere hat Aslan mit vielen führenden Persönlichkeiten der Welt Interviews geführt, darunter Angela Merkel, Emmanuel Macron, Justin Trudeau, Bill Clinton, Sergey Lavrov, Christine Lagarde, Henry Kissinger, Madeleine Albright und König Felipe von Spanien. Aslan moderiert regelmäßig bei hochrangigen globalen Konferenzen, u.a. beim Weltwirtschaftsforum, der UN-Generalversammlung, den G20-Gipfeln, den Jahrestagungen der Weltbank und des IWF, der Münchner Sicherheitskonferenz, den NATO-Gipfeln und dem OECD-Forum.