Im Vorfeld der Europa-Wahl haben französische Politiker, Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler dazu aufgerufen, die Euro-Zone zu einer echten politischen Gemeinschaft mit eigener Regierung und eigenem Parlament auszubauen. „Wir wollen auf der Basis des Euro eine politische Gemeinschaft aufbauen“, erklärte die Eiffel-Gruppe. “Es wäre heute anachronistisch, Europa den Rücken zuzukehren; morgen wäre es selbstmörderisch.“ Zu den zwölf Autoren des Aufrufs gehört auch die liberale Europa-Abgeordnete Sylvie Goulard, die auch Mitglied im Vorstand von United Europe ist.
Scharf rechnet die Eiffel-Gruppe – benannt nach der Aussicht von ihrem Konferenzraum – mit der bisherigen Politik zur Rettung des Euro ab. „Die Verantwortlichkeiten sind durch einen politisch-technokratischen Wirrwarr verwässert und jeglicher Legitimität entzogen, symbolisiert durch die Troika“, heißt es in der zehnseitigen Erklärung. Der bereits erreichte Grad der Einmischung, insbesondere in Ländern wie Griechenland, Portugal oder Irland, schüre jedoch einen gefährlichen Groll zwischen dem „Norden“ (in erster Linie Deutschland) und dem „Süden“. Der Euro werde zur Quelle einer politischen Spaltung.
Dennoch sei es eine Illusion zu denken, man könne den Euro aufgeben. Die Kosten eines solchen Schrittes wären schrecklich hoch. „Eine sachliche Analyse lädt im Gegenteil dazu ein, den Neuaufbau der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion zu verfolgen und zu beschleunigen.“ Der Euro sei kein Selbstzweck, sondern der Ausdruck eines gemeinsamen Schicksals.
Als Lösung schlagen die französischen Europa-Denker die Errichtung einer politischen Euro-Gemeinschaft als Kern des künftigen Europas vor. Sie solle sich auf eine eigene Regierung und ein eigenes Parlament stützen, das in allen Euro-Ländern am selben Tag und nach demselben Verfahren gewählt werde. Die Euro-Gemeinschaft werde demokratische Garantien anbieten müssen, die mit den höchsten Standards der Mitgliedsländer korrespondierten.
Die erste Aufgabe dieser neuen politischen Gemeinschaft müsse es sein, die gemeinsame Währung zu konsolidieren. „Ohne die gegenseitige Verpflichtung zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte oder die in der Krise erzielten Reformen erneut in Frage zu stellen, wird sich die Gemeinschaft mit neuen Instrumenten ausstatten, die darauf abzielen, konjunkturelle Schwankungen einzudämmen und die schwächsten Bevölkerungsgruppen zu unterstützen“, fordert die Eiffel-Gruppe.
Die Autoren verstehen ihr Manifest als Antwort auf eine vergleichbare deutsche Initiative aus dem vergangenen Jahr: Im Herbst 2013 hatte die Glienicker Gruppe, ein Zusammenschluss von deutschen Ökonomen, Juristen und Politologen, zur Einrichtung einer europäischen Wirtschaftsregierung und eines Euro-Parlaments aufgerufen.
Nun ist es also an Frankreich: „Wir sind fest davon überzeugt, dass dem europäischen Projekt neuer Schwung gegeben werden kann und muss“, heißt es zum Abschluss der Erklärung. „Es ist dringend notwendig, dass die wohlgesinnten Bürger gemeinsam handeln, über Staatsgrenzen und parteipolitische Orientierungen hinweg.“