Am 13. Februar veranstaltete United Europe in Partnerschaft mit dem Europäischen Alpbach Forum und den Bayerischen Familienunternehmern THE EUROPE PANEL 2025 – eine offizielle Nebenveranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz. Zu den beeindruckenden Rednern gehörten der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission, Jose Manuel Barroso, EU-Kommissar für Verteidigung und Weltraum, Andrius Kubilius, der ehemalige Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, CEO von Terraquantum, Markus Pflitsch, Vorsitzender des Akademischen Rats des Wilfried Martens Centre for European Studies, Klaus Welle, Vorsitzender des NATO Innovation Fund (NIF), Klaus Hommels, Vorsitzender des Global Advisory Board der Deutschen Bank, Paul Achleitner, CEO von Helsing, Dr. Gundbert Scherf, Direktor der Europäischen Investitionsbank (EIB), Hristo Stoykov, Vorsitzender der ERSTE Foundation, Andreas Treichl und andere. Die Diskussion fand unter der Chatham House Rule statt.
Die wachsende Bedrohungslage
Das Risiko einer russischen Aggression gegen die Europäische Union bleibt hoch. Während die NATO als Eckpfeiler der kollektiven Sicherheit dient, ist es unerlässlich, dass Europa mehr Verantwortung für seine eigene Verteidigung übernimmt. Eine starke und vereinte Europäische Verteidigungsunion würde Abschreckung bieten und die Widerstandsfähigkeit gegen äußere Bedrohungen stärken.
Europa sucht keine Konfrontation mit Russland oder China. Stattdessen würde eine Verteidigungsunion die Fähigkeiten der NATO erweitern und sicherstellen, dass Europa nicht allein auf die Vereinigten Staaten für seine Sicherheit angewiesen ist. Die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie ist entscheidend – die Produktion von Waffen, die Stärkung der Cybersicherheit und die Investition in Verteidigungstechnologien der nächsten Generation werden der Schlüssel zur langfristigen Stabilität sein.
Eine strategische Verschiebung in den Verteidigungsausgaben

Derzeit ist die Verteidigungsproduktionskapazität Europas unzureichend. Europäische Nationen beziehen mehr als 60 % ihrer Verteidigungsvorräte aus den Vereinigten Staaten, eine unhaltbare Abhängigkeit, die die Fähigkeit des Kontinents schwächt, unabhängig auf Krisen zu reagieren. Die Umleitung nationaler Verteidigungsausgaben auf europäische Industrien wird nicht nur die Selbstversorgung verbessern, sondern auch das Wirtschaftswachstum innerhalb der EU ankurbeln.
Lektionen aus der Ukraine: Ein Weckruf
Russlands Invasion in der Ukraine war eine schmerzhafte Erinnerung an die Kosten der Unvorbereitetheit. Die militärische Hilfe der EU für die Ukraine hat 145 Milliarden US-Dollar erreicht – eine beträchtliche Summe, aber immer noch weniger als 0,7 % ihres kombinierten BIP. Der Krieg unterstreicht die Notwendigkeit einer einheitlichen europäischen Verteidigungspolitik, bei der schnelle Reaktionsmechanismen und gemeinsame Beschaffungs- und Produktionsbemühungen rasch mobilisiert werden können.
Eine Europäische Verteidigungsunion würde den Rahmen für eine erhöhte militärische Bereitschaft bieten und sicherstellen, dass Europa bei zukünftigen Konflikten nicht unvorbereitet ist. In die Verteidigung zu investieren ist teuer, aber die Kosten des Nichtstuns sind weitaus höher.
Die Rolle der Technologie in der modernen Kriegsführung
Die Zukunft der Verteidigung dreht sich nicht nur um Soldaten am Boden, sondern um technologische Überlegenheit. Die Erfahrungen aus der Ukraine unterstreichen die wachsende Bedeutung von Drohnen, künstlicher Intelligenz und Robotik in der modernen Kriegsführung. Europa muss Forschung und Entwicklung in diesen Bereichen priorisieren, um sicherzustellen, dass es an der Spitze der militärischen Innovation bleibt. Eine starke Verteidigungsindustrie geht nicht nur um Sicherheit, sondern auch um wirtschaftliche und technologische Führung.

Politische Hürden überwinden
Seit 2022 hat Europa Fortschritte bei gemeinsamen Beschaffungsbemühungen gemacht, insbesondere bei der Munitionsproduktion. Der Fortschritt hat sich jedoch verlangsamt, da einzelne Mitgliedstaaten zu nationalen Verteidigungspolitiken zurückkehren. Diese Fragmentierung bedroht das Konzept einer Europäischen Verteidigungsunion.
Sicherheit sollte als öffentliches Gut behandelt werden – eines, das nationale Grenzen überschreitet. Die Vereinigten Staaten waren ein standhafter Verbündeter, aber Europa muss mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen.
Kann eine Kapitalmarktunion die Zukunft der Verteidigung finanzieren?
Seit Jahrzehnten operiert Europa unter einem wirtschaftlichen Paradoxon: ein Kontinent voller Reichtum, aber unfähig, sein Kapital effektiv zu mobilisieren. Während die geopolitischen Spannungen steigen und sich die globale wirtschaftliche Landschaft verschiebt, wird eine unbequeme Wahrheit deutlich: Ohne eine Kapitalmarktunion wird Europa Schwierigkeiten haben, seine Zukunft zu finanzieren – insbesondere im Verteidigungsbereich.
Die Versuche der Europäischen Union, eine größere Kohäsion zu erreichen, haben gemischte Ergebnisse gebracht, aber eine grundlegende Schwäche bleibt bestehen – das Fehlen eines einheitlichen Finanzrahmens zur Unterstützung groß angelegter industrieller und technologischer Fortschritte. Nirgendwo ist dies deutlicher als im Verteidigungssektor, wo europäische Länder weiterhin auf fragmentierte Beschaffungssysteme und veraltete Finanzmechanismen angewiesen sind.
Der Fall für einen Verteidigungskapitalmarkt
Auf der anderen Seite des Atlantiks hat die USA seit langem die Macht der Kapitalmärkte bei der Finanzierung technologischer Überlegenheit demonstriert. Europa hingegen bleibt durch nationale Vorschriften, eine risikoscheue Finanzkultur und das Fehlen eines investitionsgetriebenen Rentensystems eingeschränkt. In kritischen Industrien – Künstliche Intelligenz, Cyberabwehr und Raumfahrttechnologie – hinkt Europa hinterher, weil seine Kapitalstrukturen zersplittert und unflexibel bleiben.
Trotz aller politischen Rhetorik über „strategische Autonomie“ fehlt es Europa an einem funktionsfähigen, vereinten Verteidigungsmarkt. Die Mitgliedstaaten behalten unabhängige Beschaffungsprozesse bei, und große Verteidigungsunternehmen scheuen sich, zu fusionieren, aus Angst, Regierungsaufträge zu verlieren. Infolgedessen bleiben die Verteidigungsausgaben Europas ineffizient und werden dünn über mehrere nationale Interessen verteilt, anstatt in einer einzigen, wettbewerbsfähigen Kraft gebündelt zu werden.
Unkonventionelle Lösungen für eine dringende Herausforderung
Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) existiert, um die Verteidigungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu harmonisieren, wird jedoch weiterhin untergenutzt. Eine Verschiebung hin zu gemeinsamen Beschaffungen könnte erhebliche Kosteneinsparungen, bessere Konditionen und eine rationalisierte Produktion bringen. Dennoch bleibt die Bürokratie ein erhebliches Hindernis. Während Bemühungen zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands im Gange sind, sind die Fortschritte langsam, und das Zeitfenster für Maßnahmen schließt sich.
Eine mögliche Lösung könnte in der Schaffung eines Europäischen Verteidigungsinvestitionsfonds liegen – nach dem Vorbild von DARPA in den USA – der sich auf die Finanzierung militärischer Spitzentechnologien konzentrieren würde. Ein anderer Ansatz wäre, nicht ausgegebene regionale Mittel für Verteidigungsinnovationen zu reservieren und die erstaunlichen 70 % der nicht genutzten Mobilitätsmittel für militärische Ausgaben umzuwandeln.
Trotz des Fiskalkonservatismus in einigen Kreisen ist Verteidigungsausgabe kein Tabu mehr. Einst sparsame Nationen wie Finnland, Schweden und Dänemark haben ihre frühere Zurückhaltung aufgegeben und die Notwendigkeit von Investitionen in die Sicherheit erkannt. Auch Deutschland wäre gut beraten, seine Zurückhaltung abzulegen. Der Imperativ ist klar: Ohne ernsthaftes finanzielles Engagement werden die Verteidigungsambitionen Europas genau das bleiben – Ambitionen.

Verteidigung als die neue grüne Revolution?
Es gibt ein wachsendes Argument, dass Verteidigungsausgaben als Katalysator für die wirtschaftliche Wiederbelebung Europas dienen könnten. Investitionen in souveräne Technologie – insbesondere in KI, Cybersicherheit und Raumfahrt – bieten Europa die Chance, seine Chance als industrieller Führer zurückzugewinnen. Der Weltraum zum Beispiel wird eine entscheidende Grenze sein, doch das führende Raumfahrtunternehmen Europas, Ariane, arbeitet mit einem Bruchteil des Budgets seines US-Pendants, SpaceX. Wenn Europa ein ernsthafter Akteur sein will, muss es größer denken. Blitzskilling – ein Begriff aus der Technologiebranche – betont die Notwendigkeit einer schnellen, aggressiven Qualifizierung. Im Gegensatz dazu lässt Europas langsamer Ansatz in der Industriepolitik es gefährlich zurückfallen. Es besteht ein dringender Bedarf, sich aus einem Zyklus endloser Beratungen zu befreien und eine proaktive, investitionsgetriebene Strategie zu verfolgen.
Die Kapitalmarktunion: Eine längst überfällige Notwendigkeit
Über die Verteidigung hinaus ist eine Kapitalmarktunion für die breitere wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Europas unerlässlich. Im Gegensatz zu den USA, wo tiefe, liquide Finanzmärkte Innovationen vorantreiben, wird Europa durch ein fragmentiertes Bankensystem behindert, das risikoreiche, ertragsstarke Branchen nicht ausreichend unterstützen kann.
Historisch gesehen beruhte der wirtschaftliche Erfolg Europas auf starken Industriesektoren mit greifbaren Sicherheiten. Aber in der heutigen digitalen Wirtschaft, in der geistiges Eigentum und Software das Wachstum antreiben, reicht die traditionelle Bankenfinanzierung nicht aus. Google zum Beispiel bietet wenig in Form von Sicherheiten – dennoch gedeiht es dank eines Finanzökosystems, das Risiken eingeht. Länder wie die Schweiz und Dänemark haben in den 1970er Jahren ein kapitalfinanziertes Rentensystem eingeführt und profitieren nun davon, weniger für Renten und mehr für Innovationen auszugeben. Unterdessen verbraucht das deutsche Rentenmodell 20 % seines Budgets, was seine Fähigkeit einschränkt, in zukünftige Branchen zu investieren.
Wenn Europa weltweit wettbewerbsfähig bleiben will, muss es seine Finanzinfrastruktur überholen. Pensionsfonds, die derzeit in ihren Anlagemandaten eingeschränkt sind, könnten genutzt werden, um langfristige Verteidigungs- und Technologieprojekte zu unterstützen. Die Sparkassen- und Investitionsunion könnte das notwendige Kapital bereitstellen, um die nächste Welle der europäischen Innovation zu finanzieren.
Schlussfolgerung
Die Welt verändert sich in einem beschleunigten Tempo. China und die USA sind in den Bereichen KI, Raumfahrt und Verteidigung weit voraus, während Europa in bürokratischer Trägheit feststeckt. Wenn nicht bald eine Kapitalmarktunion eingerichtet wird, läuft Europa Gefahr, unwiderruflich zurückzufallen.
Letztendlich geht es nicht darum, ob Europa die Ressourcen hat – es hat sie. Die Frage ist, ob es den politischen Willen hat, sie effektiv zu nutzen. Verteidigung geht nicht nur um Sicherheit; es geht um Souveränität, technologische Führung und wirtschaftliche Vitalität. Deutschland und andere haben ihre starke Unterstützung für eine Europäische Verteidigungsunion signalisiert. Erhöhte Investitionen in gemeinsame Verteidigungsprojekte ermöglichen Skaleneffekte, senken die Beschaffungskosten und fördern technologische Innovationen. Die Koordination bleibt jedoch eine Herausforderung. Die Mitgliedstaaten müssen ihre Verteidigungsstrategien abstimmen und über nationale Interessen hinausgehen, um eine echte europäische Integration zu erreichen.