Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank ein Programm der ‘Quantitativen Lockerung’ einzuführen ist keine Win-Win-Situation, sondern ein Ausdruck von Hilflosigkeit, schreibt Prinz Michael von Liechtenstein.
Das Programm, dem am 22. Januar 2015 zugestimmt wurde, erlaubt der EZB von März 2015 bis September 2016 europäische Staatsschulden in Höhe von bis zu 60 Milliarden Euro pro Monat aufzukaufen. Die Gesamtsumme wird eine Billion übersteigen. Außerdem wurde ein Risikostreuungsprogramm mit den nationalen Zentralbanken eingeführt und es wurden Qualitätskriterien für die Schuldtitel aufgestellt.
Das Programm der ‘Quantitativen Lockerung’ wurde breit diskutiert, der Entscheidung wurde vorgegriffen und die Märkte haben es erwartet. Ohne diese Entscheidung hätte es auf den Finanzmärkten ein Blutbad gegeben.
Für die Entscheidung gab es zwei Gründe: Erstens sollte eine höhere Geldmenge, die sich zu im Grunde genommen Null Zinsen in Umlauf befindet den Konsum und die Investitionen ankurbeln und Wachstum und Beschäftigung schaffen. Man hofft, dass dies zu einer kontrollierten Inflation führen wird, da – gemäß dem Mantra des EZB Präsidenten Mario Draghi – die Inflation benötigt wird, um Wachstum zu schaffen.
Zweitens wird es das Vertrauen in den Wert der Staatsschulden in der Eurozone stärken. Dies ist aber nur eine Seite der Medaille.
Auf der anderen Seite können wir erkennen, dass dies keine Win-Win-Situation ist. Es ist ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Hilflosigkeit gegenüber der Tatsache, dass die Politiker in den Ländern der Europäischen Union nicht darauf vorbereitet sind die erforderlichen Reformen anzugehen.
Es stellt sich die Frage, basiert dieses Nichtstun auf ideologischen Gründen, auf populistischen oder auf kompletter Ignoranz? Notwendige grundlegende Reformen sind für Europa entscheidend, wenn es seine globale Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen, seine Produktivität steigern und die Arbeitslosen wieder zurück ins Arbeitsleben bekommen will. Dazu gehört auch den Anteil der nationalen und regionalen Regierungen an der Wirtschaft zu verringern. Dies wird die Gemeinkosten der Volkswirtschaft sowie das Defizit reduzieren. Eine Deregulierung derjenigen Gesetze, die zu strikt sind, so wie das Arbeits- und das Wettbewerbsgesetz, würde die Aktivitäten erhöhen, Innovationen erleichtern und Arbeitsplätze schaffen.
Eine drastische Straffung der Steuergesetze würde Planungssicherheit verschaffen, die für neue Investitionen unerlässlich ist. Es würde auch die enormen administrativen Kosten reduzieren, die für die Regierung, die Unternehmen und die Einzelpersonen mit der Abwicklung und Verwaltung der Steuerthemen verbunden sind.
Es gibt aber noch ein weiteres Problem. Es scheint so als ob die ‘Quantitative Lockerung’ der US Notenbank (Fed) geholfen hat Amerikas Wirtschaft so zu stimulieren, dass sie wieder auf den Wachstumspfad zurückkam. Es gibt allerdings einen großen Unterschied zwischen Europa und den Vereinigten Staaten – das Eigenkapital der Banken.
Bei der Bankenkrise in den Jahren 2008-2009 konzentrierten sich die USA darauf die Eigenkapitalbasis der Banken wieder auf ein solches Niveau zu bringen, das den Banken erlaubte den Unternehmen Geld zu leihen. Europa hingegen hat den Weg der Stresstests gewählt. Vereinfacht können wir sagen, dass, wenn die Bank ihr Kredit-Portfolio gegenüber den Unternehmen reduzierte, anstatt ihre solide Eigenkapitalbasis zu erhöhen, sie ebenfalls den Stresstest bestehen konnte. Es bedeutet auch, dass die Banken zurückhaltend sind, wenn es darum geht den Unternehmen mehr Geld zu leihen. Dies verhindert, dass neues Geld in die Wirtschaft fließt. Zinssätze die bei Null oder im negativen Bereich liegen vernichten die Spareinlagen und verringern die persönliche Altersversorgung. Die Renten wurden hart getroffen. Diese Situation wurde noch durch die Tatsache verschlimmert, dass die staatlichen Rentenversicherungen nur unzureichend finanziert sind.
Das wahre Problem des Programms der ‘Quantitativen Lockerung’, das die Staatsanleihen aufkauft, ist, dass es den Reformdruck von den Politikern nimmt. Die EZB hat bereits mehreren europäischen Regierungen geholfen sich Zeit zu erkaufen, damit sie die notwendigen Reformen durchführen können. Die meisten von Ihnen – und insbesondere Frankreich – haben diese Gelegenheit nicht genutzt.
Es scheint unwahrscheinlich, dass sich diese verantwortungslose Haltung mit der ‘Quantitativen Lockerung’ ändern wird.
Dieser Bericht wurde von Prinz Michael von Liechtenstein verfaßt und wird unseren Mitgliedern mit freundlicher Genehmigung von © Geopolitical Information Service AG, Vaduz zur Verfügung gestellt:
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