Manfred Kurz von der Würth-Gruppe war Gastgeber der Veranstaltung von United Europe und der dena am 20. Juni mit Dr. Igor Sechin, dem Präsidenten des russischen Energiekonzerns Rosneft, und dem früheren stellvertretenden Kanzleramtsminister Professor Dr. Horst Teltschik. Kurz ist der Berliner und Brüsseler Repräsentant von Würth, einem Firmenmitglied von United Europe. Hier sein Kommentar:
“Die Gäste von United Europe und dena habe ich in mehrfacher Hinsicht gerne im Würth Haus Berlin, der Hauptstadtrepräsentanz der Würth-Gruppe, begrüßt. Zum einen, weil die Rolle eines Gastgebers für United Europe competitive and diverse
einzunehmen, durchaus ehrenvoll ist. Was natürlich immer auch mit der Person Jürgen Großmann zu tun hat. So danke ich dafür, dass wir unser Haus für kein geringeres Thema als „Russland und Europa – der Weg nach vorne“ zur Verfügung stellen können. Da kommen Mann und Motto zusammen. Oder auch umgekehrt, haben sich Mann und Motto gegenseitig zur Bedingung. Das eine lässt sich nicht vom anderen trennen. Auch deshalb ist Würth United Europe als Unternehmensmitglied beigetreten.
Zum anderen habe ich die Gäste herzlich im Würth Haus Berlin begrüßt, weil sie sich sehr konkret einer der größten Herausforderungen unserer Zeit stellen, der Energiefrage. Beziehungsweise der Frage der Entflechtung nationaler hegemonialer Interessen von dem Grundbedürfnis der Bürger gemeinhin – und der Wirtschaft, der Industrien im Besonderen. Das soll man nicht kleinreden, das ist nicht wenig.
Schließlich verbindet sich damit die Grundsatzfrage unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses: Wie halten wir es mit dem Grundprinzip einer freien Marktwirtschaft, einer Demokratisierung auch der internationalen Gesellschaften, in Zeiten, in denen es staatlich gelenkten Unternehmen – sowohl auf der Lieferanten- wie auf der Kundenseite – leicht gemacht wird, Energie nach politischen Opportunitätsgründen zu rationieren, zu portionieren, schlichtweg zu verknappen oder in deren Preisgestaltung die Kategorien Freund und Feind zu bedienen? Aber, weil das keine hegemoniale oder gar militärische Option ist, stößt sie möglicherweise gerade deshalb auf geringes Interesse.
Wir bewegen uns damit sprichwörtlich auf vermintem Gelände, dem zu entkommen nicht allein die unmittelbaren Wirtschaftsakteure angeht, sondern die Bürgerschaften insgesamt. Dann, wenn das Kochen des morgendlichen Frühstückeis oder das Hochfahren eines Heizkraftwerks bereits zum Politikum, zur Frage der internationalen Diplomatie wird.
Das Unternehmen Würth nimmt Stellung zu Fragen der internationalen Zusammenarbeit, in dem Maße wie unsere Stellung auf den Märkten durch übergeordnete, legislative Rahmenbedingungen berührt wird. Auch an dieser Stelle möchte ich daher die Sichtweise von Würth in die Debatte einwerfen. Ich glaube, es ist an der Zeit, Energie von Politik zu trennen; vielmehr wieder eine von Politikinteressen befreite Kunden- / Lieferantenbeziehung in den Vordergrund zu stellen. Das würde der Wirtschaft auf allen Seiten guttun. Eine Wirtschaft, die nur allzu gerne in Haftung genommen wird, wenn die Politik und die Diplomatie mit ihrem Latein am Ende sind. Allzu schnell und leicht werden dann Wirtschaftssanktionen und Embargos erwogen. Aber wissen Sie, das Licht ausmachen kann jeder. Das ist keine unternehmerische Ambition.
Weil sich unser Thema an die Prosperität Europas adressiert – und Russland ist Teil Europas -, wollte ich diesen Einwurf machen, wiewohl er nicht nur im Zusammenhang mit der Energiebewirtschaftung steht. Dennoch: Wir bei Würth wissen nicht nur, sondern handeln auch danach, dass es unserem Unternehmen nur dann gut gehen kann, wenn es auch unseren Kunden gut geht. Das eine hat das andere zur Bedingung; insofern schließt sich der Kreis zu dem ganzen großen Maßstab der eurasischen Energiepolitik. Einer Kunden-/Lieferantenbeziehung der mehr bloße marktwirtschaftliche, und eben nicht politische Einflüsse guttun würde. Ein Zirkelschluss: Das zu Beweisende ist in der Voraussetzung enthalten.
Ich bin nicht naiv. So gut wie jeder andere weiß auch ich, dass die Problemstellung, die sich mit der Kunden-/Lieferantenbeziehung in Sachen Energie verbindet, allein ihrer Dimension wegen zur nationalen Bedeutung heranwächst. Sie verlässt in ihrer aktuellen staatsmonopolistischen Dimension die Befindlichkeit der Wirtschaftsakteure. Das ist der Kern der Sache, über den zu sprechenich anregen möchte. Dieses Haus hier, es ist das Haus von Kaufleuten, scheint mir der passende Ort dafür zu sein. Es ist ein Ort gewinnbringender Debatten.