„If you want to go fast go alone, if you want to go far go together: A United Europe Is Our Only Future“ – mit diesen Worten eröffnete Günther Krichbaum, Staatssekretär für Europa im Auswärtigen Amt und Vorstandsmitglied von United Europe, unser Roundtable-Dinner im Haus der Europäischen Union. Er begrüßte dort über 20 Mitglieder von United Europe, gemeinsam mit Barbara Gessler, Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin, und Günther H. Oettinger, Präsident von United Europe e.V.
Unsere Europäische Union steht unter Druck – von außen wie von innen.
Um Europas Stimme zu stärken, müssen wir zunächst optimieren, wie Deutschland sich in Brüssel positioniert. Berlin braucht eine klare, konsistente und konstruktive Haltung. Gleichzeitig benötigt die deutsche Gesellschaft ein besseres Verständnis für die politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Entwicklungen in Europa. Deutschland trägt eine doppelte Verantwortung: Politische Gestaltung nach außen und zugleich Unterstützung für Europa nach innen.
Sicherheit und Verteidigung: Eine neue europäische Realität
Wie kann Europa Freiheit und Frieden sichern – mit und zunehmend auch ohne die Vereinigten Staaten? Die Verteidigung bleibt in erster Linie nationale Aufgabe, doch Europa muss als Team agieren. Zum ersten Mal verfügt die EU über einen Verteidigungskommissar und einen entsprechenden Ausschuss im Parlament. Ein wichtiger Schritt – aber bei weitem nicht genug. Deutschland macht Fortschritte, doch insgesamt ist Europa noch nicht ausreichend darauf vorbereitet, seine Interessen zu verteidigen.
Die Ukraine ist ein europäisches Thema. Ein über Kyjiws Kopf hinweg auferlegter „Frieden“ würde weitere Aggressionen geradezu einladen. Putin würde nicht bei der Ukraine stehen bleiben. Gleichzeitig beobachtet China aufmerksam – mit Blick auf Taiwan. Europa muss klarstellen, dass Freiheit nicht verhandelbar ist.
Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit: Europa fällt zurück
Die Wettbewerbsfähigkeit ist Europas zweite große Herausforderung. Im Jahr 2000 lagen die EU-28 und die USA wirtschaftlich etwa gleichauf. Heute ist die US-
Wirtschaft 25 % größer. Deutschlands BIP im Jahr 2025 wird in etwa dem Kaliforniens entsprechen. Wenn Europa Lebensstandard, Arbeitsplätze und technologische Leistungsfähigkeit nicht sichern kann, werden sich Wählerinnen und Wähler verstärkt extremen politischen Parteien zuwenden – ob am rechten oder am linken Rand.
In der gesamten EU sind Regierungen fragil. Macron ist in Brüssel stark, aber in Frankreich geschwächt. Spanien kämpft mit regionalen Spannungen. Rumänien ist hoch verschuldet. Die Niederlande, Belgien, Polen, Ungarn – alle erleben innenpolitische Instabilität. Bemerkenswert ist, dass Italiens Regierung unter Giorgia Meloni derzeit eine der stabilsten pro-europäischen und pro-ukrainischen Kräfte ist. Noch vor zwei Jahren hätte kaum jemand dies vorausgesagt.
Die europäische Idee unter Druck
Der europäische Gedanke steht unter Druck – sowohl von innen als auch von außen. Autoritäre Akteure koordinieren sich enger denn je und stellen westliche Werte und demokratische Normen offen infrage.
Ein instabiles Umfeld und wachsender Migrationsdruck
Die Instabilität im Nahen Osten und in Afrika nimmt zu und verstärkt den Migrationsdruck. Europa kann seine Grenzen zwar besser kontrollieren, doch ohne wirtschaftliche Perspektiven in den Nachbarregionen werden Menschen weiterhin alles riskieren, um nach Norden zu gelangen.
Handel, Technologie und Abhängigkeiten
Europa muss Lieferketten diversifizieren und sein Bekenntnis zum Freihandel bekräftigen. Wir müssen uns selbst an jene Regeln halten, die wir auch von anderen erwarten. Andernfalls werden wir nicht wettbewerbsfähig bleiben.
Die EU reformieren, um handlungsfähiger zu werden
Die EU muss in die Lage versetzt werden, entschlossen zu handeln. Heute ist sie dafür zu oft blockiert. Entscheidungsmechanismen müssen reformiert werden. Qualifizierte Mehrheitsentscheidungen könnten notwendig werden – insbesondere bei Fragen der Erweiterung. Zu viele Staaten werden aktuell durch die Vetos ihrer Nachbarn blockiert.
Auch EU-Mittel sollten strikter an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien geknüpft werden.
Kurz gesagt: Europa steht unter Druck. Nur Mut, Einheit und Reformen werden uns wettbewerbsfähig, sicher und frei halten.

